In zahlreichen Stellungnahmen haben die DJS seit 2011 die Neustrukturierung im Asylbereich kritisiert, weil verschiedene grundrechtlicher Vorgaben missachtet werden. Die Kritik wurde in vielen Punkten durch ein von den DJS bei Professorin Martina Caroni in Auftrag gegebenes Gutachten unterstrichen.
Die SVP hat nun das Referendum gegen das revidierte Asylgesetz ergriffen, das eigentlich in ihrem Sinn sein sollte, da es die um Asyl ersuchenden Menschen interniert, deren Rechte abbaut und letztlich einzig auf schnelle Wegweisungen abzielt. Von linker Seite wird am neuen Gesetz kaum noch Kritik geübt, weil man noch „Schlimmeres verhindern“ will und hofft, dass das Gesetz am 5. Juni 2016 vom Volk angenommen wird. Dies ist auch der Grund, weshalb an den seit Jahren immer wieder vorgebrachten Einwänden der DJS plötzlich grosses Interesse besteht. Innerhalb des Vereins hat dies zu einigen Diskussion geführt, wie und ob die DJS sich positionieren müssen. Wir erachten es gerade in dieser Situation als wichtig, unabhängig zu bleiben und die Kritik nicht verstummen zu lassen. Die DJS haben hinsichtlich der Abstimmung vom 5. Juni 2016 zum Asylgesetz keine Parole gefasst, halten aber vollumfänglich an der Kritik fest.

Auch wenn raschere Verfahren klar zu begrüssen sind, so sollten diese in einem Zeitrahmen durchgeführt werden, der eine vernünftige Prüfung des Einzelfalls gewährleistet. Im vorgesehenen beschleunigten Verfahren soll nach Ankunft der um Schutz ersuchenden in der Schweiz innerhalb von einem Monat ein erstinstanzlicher Asylentscheid vorliegen, was impliziert, dass in diesem Zeitraum alle Abklärungen getätigt und Dokumente eingereicht und überprüft werden müssen. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) kann seiner Untersuchungspflicht in dieser kurzen Frist nicht sorgfältig nachkommen und ausreichend auf die Menschen im Zentrum eingehen. Somit wird es zur Aufgabe der Rechtsvertretung, Pflichten des SEM zu übernehmen bzw. dessen Fehler zu korrigieren. Die systemfremde Kürzung der (aktuell) 30-tätigen Beschwerdefrist auf sieben Arbeitstage trägt zudem kaum zu einer Beschleunigung bei, sondern verwässert vor allem das Recht auf eine effektive gerichtliche Überprüfung eines Entscheids.

Seitens der DJS wird die unentgeltliche Rechtsvertretung als positiv betrachtet, da gewichtige Interessen auf dem Spiel stehen. Jedoch muss diese frei gewählt werden können, nicht durch Fallpauschalen entschädigt werden, entsprechende Kompetenzen haben und den Standesregeln verpflichtet sein. So dürfte eine Rechtsvertretung nicht dazu angehalten sein, eine angeblich aussichtlose Beschwerde nicht einzureichen und so das Mandat zur Unzeit niederzulegen. Auch sollte dem SEM nicht die Befugnis zukommen, über die Absetzung von Mitarbeitenden der Rechtsvertretung zu entscheiden. Durch die örtliche Zentralisierung aller Akteure ist die Unabhängigkeit der Rechtsvertretung auch für die sich im Verfahren befindenden Menschen nicht erkennbar. Auch wenn der Rechtsvertretung im Testzentrum professionelle Arbeit attestiert wurde, ändert dies nichts am institutionellen Defizit bezüglich der Unabhängigkeit.

Schliesslich müssen zum Zweck der Beschleunigung die Asyl suchenden Menschen den Behörden jederzeit zur Verfügung stehen und sind strengen Ausgangsregeln im Bundeszentrum unterworfen. Dabei sind Konflikte mit der Gewährleistung der persönlichen Freiheit erkennbar. Mehrtägige Abwesenheiten werden mit einer Abschreibung des Asylgesuches sanktioniert.

Unabhängig davon, wie die Abstimmung am 5. Juni 2016 ausgeht, müssen wir uns dafür einsetzen, eine effektive Rechtsvertretung und faire Verfahren für die in Bundeszentren und auch ausserhalb untergebrachten Menschen zu gewährleisten. Und linke politische Kräfte müssen sich nach dieser Abstimmung überlegen, wie längerfristig offensiv für eine menschliche Asylpolitik einzustehen ist.