Ginge es nach dem Bundesrat (Botschaft vom 04.04.2012) soll die erst 2007 eingeführte bedingte Geldstrafe abgeschafft und die kurze Freiheitsstrafe wieder eingeführt werden, um die abschreckende Wirkung des Strafrechts zu erhöhen. Die DJS erachten dieses Vorhaben und die erneute Revision insgesamt für wenig sinnvoll. Das Schweizer Strafrecht ist weniger von der Idee eines "absoluten" Strafanspruchs geprägt, sondern vom Anspruch auf Zweckmässigkeit bzw. auf deliktpräventive Wirksamkeit des Strafens. Zudem wird mit einer einer erneuten Revision die Rechtssicherheit gefährdet und das Vertrauen in das Strafsystem destabilisiert.

Unter Geltung des alten AT StGB mussten auch bei Bagatelldelikten und Fällen leichterer Kriminalität Freiheitsstrafen ausgesprochen werden. Entsprechend stellten die kurzen bedingten Freiheitsstrafen die am häufigsten ausgefällte Strafe dar. Durch die Revision von 2007 wurde die Geldstrafe als eigenständige Strafe eingeführt und es wurde deren bedingter Vollzug vorgesehen. Die Revision hat ihr Ziel nicht verfehlt; die bedingte Geldstrafe stellt heute die am häufigsten ausgefällte Sanktion dar. Aus unserer Sicht ist diese Lösung in spezial- wie generalpräventiver Sicht zielführend und wird individuellen Kriterien gerecht. Da die Geldstrafe weniger stark in die Rechtsstellung der verurteilten Person eingreift, ist sie aus Gründen der Verhältnismässigkeit der Freiheitsstrafe immer vorzuziehen, wenn sie zur Erreichung des Strafzwecks ausreicht.

Wenn die bedingte Geldstrafe wieder gestrichen wird, bedeutet dies eine Rückkehr zur alten Regelung: Da die Freiheitsstrafe bedingt vollzogen werden kann ist dies die mildere Strafe und daher bei gleicher Eignung der nur unbedingt vollziehbaren Geldstrafe vorzuziehen. Abweichend vom Bundesrat sprach sich der Nationalrat im September 2013 bloss für eine Einschränkung der bedingten Geldstrafe aus; diese soll noch bei Vorliegen besonders günstiger Umstände möglich sein.
Die Rechtskommission des Ständerates hat sich am 4. April 2014 für den Vorrang der Geldstrafe bei Strafen bis zu sechs Monaten ausgesprochen. Eine unbedingte Freiheitsstrafe von bis zu sechs Monaten soll möglich sein, wenn zu erwarten ist, dass eine Geldstrafe nicht vollzogen werden kann. An Stelle der Geldstrafe soll ein Gericht eine Freiheitsstrafe verhängen können, wenn dies notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Delikte abzuhalten.
Die Kommission beantragte zudem, dass die Geldstrafe von Gesetzes wegen immer zur Hälfte unbedingt ausgesprochen werden muss und die Voraussetzungen für den bedingten Vollzug bei Geld- und Freiheitsstrafen identisch bleiben.
Weitere Themen dieser Revision sind eine Einschränkung der Geldstrafe auf maximal 180 Tagessätze, die Festlegung eines Mindesttagessatzes, der Umfang der Stafbefehlskompetenz, die Regelung von Electronic Monitoring und die Wiedereinführung des Landesverweises.

Die DJS vertreten die Meinung, dass eine erneute Revision des Sanktionenrechts nicht die richtige Antwort auf die geäusserte Kritik am geltenden Sanktionenrecht ist. Die Folgen des seit 2007 geltenden Sanktionenrechts sind noch kaum ausgewertet, es scheint aber nicht schlechter abzuschneiden als das alte Recht. Auch in anderen Ländern hat die Zurückdrängung der Freiheitsstrafe weder erkennbare generalpräventiv schädliche Auswirkungen gezeitigt noch hat die vermehrte Verhängung von Geldstrafen die Rückfälligkeit quantitativ oder qualitativ negativ beeinflusst. Der Vollzug kurzer unbedingter Freiheitsstrafen ist teuer und in sehr vielen Fällen eher schädlich als nützlich.
Die Revision lässt sich nicht verhindern. Es stellt sich nun die Frage, wie weit das Rad zurückgedreht werden soll.

 

AG Strafrecht, DJS

pdfStellungnahme zur Revision des Sanktionenrechts der AG Strafrecht