Frontex soll von der Schweiz in Zukunft jährlich 61 Millionen Franken erhalten. Das Migrant Solidarity Network hat, zusammen mit einer Vielzahl antirassistischer und migrationspolitischer Organisationen und den DJS, gegen diesen Entscheid des Parlaments das Referendum ergriffen. Die DJS fordern seit langem die effektive Durchsetzung von Menschenrechten an den europäischen Aussengrenzen – eine Finanzierung von Frontex lehnen wir deshalb grundsätzlich ab.

Während der Pandemie gehen die Grundrechtsverletzungen an Migrant*innen weiter
Während in der Schweiz Asylsuchende nur ungenügend vor der Covid-19-Pandemie geschützt werden und Abgewiesene nun sogar zwangsgestestet werden können sterben weiterhin täglich Menschen an den europäischen Aussengrenzen. Das liegt nicht an unvermeidlich gefährlichen Fluchtwegen, sondern daran, dass Europas Grenzen systematisch abgeschottet werden. Das Ziel ist, Flüchtende davon abzuhalten, nach Europa zu kommen. Menschen ertrinken im Mittelmeer, weil Europa die Seenotrettung Zivilorganisationen überlässt, Menschen auf der Balkanroute werden von der Grenzpolizei verprügelt und illegal zurückgeschoben, in Nordafrika werden Menschen systematisch gewaltsam davon abgehalten, überhaupt in die Nähe der spanischen Kolonialexklaven Ceuta und Mellila zu gelangen, um ein Asylgesuch zu stellen.

Frontex schützt Grenzen, keine Menschen
Frontex ist die Agentur der EU, die zuständig ist für die Kontrolle der Aussengrenzen der Euoropäischen Union. Frontex koordiniert damit den sogennannten «Grenzsschutz» der mitgliedsstaatlichen Grenzpolizeien – und ist entsprechend mitverantwortlich für Menschenrechtsverletzungen. Hinweise über eine systematische Beteiligung von Frontex an Pushbacks z.B. der griechischen Grenzbehörden und das Verletzen von Meldepflichten in Bezug auf solche Vorfälle verdichten sich . Seit ihrer Gründung hat sich der Umfang der Aufgaben der Europäischen Grenzschutzagentur Frontex ausserdem sehr verändert: 2005 verfügte Frontex über ein Jahresbudget von 6 Millionen Euro. 2021 ist dieses Budget auf 554 Milliionen Euro angewachsen. In den nächsten 6 Jahren soll Frontex 5.2 Milliarden Euro bekommen und bis 2027 über eine ständige Reserve von 10 000 Einsatzkräften verfügen (momentan 6500). Die Schweiz beteiligt sich seit 2011 an Frontex. Nun hat das Parlament beschlossen, den Beitrag von 14 Millionen auf 61 Millionen Franken im Jahr 2027 zu erhöhen – das sind 5% des Gesamtbudgets.

Keine Finanzierung von Menschenrechtsverletzungen
Die DJS sind überzeugt, dass die Schweiz dieses Geld nicht in die Abwehr von Migration, sondern in ein europäisches Such- und Rettungsprojekt investieren sollte. Sichere Reiserouten und ein effektives Recht auf die Beantragung von Asyl sind die einzige Möglichkeit, dem eigenen universellen Anspruch auf Durchsetzung der Menschenrechte gerecht zu werden. Erste Schritte dafür wären die Wiedereinführung des Botschaftsasyls und ein Ausbau von humanitären Visa. Statt militarisierte Grenzen mitzufinanzieren, erwarten die DJS von der Schweiz und ihrer sogenannt humanitären Tradition ein entschiedenes Engagement für eine an Menschenrechten orientierte, solidarische europäische Migrationspolitik.


Hier Referendum unterschreiben: https://frontex-referendum.ch
Mehr Infos: https://www.anthro.unibe.ch/ueber_uns/podcasts/index_ger.html

Manuela Hugentobler, DJS
erschienen im Plädoyer 06/2021