Offenbar aufgrund einer Anweisung des Bundesamtes für Migration blieben zwischen 2006 und 2008 zehntausend Asylgesuche irakischer Flüchtlinge auf Schweizer Botschaften unbearbeitet liegen. Solidarité sans frontières (Sosf) und die Demokratischen Juristen und Juristinnen (DJS) fordern Konsequenzen.
 
Das sogenannte «Botschaftsasyl», die Möglichkeit zur Einreichung eines Asylantrages auf einer Schweizer Botschaft im Ausland, bildet einen traditionellen und wichtigen Bestandteil des Schweizer Asylrechts. Dieser Rechtsanspruch wurde den 10’000 irakischen Flüchtlingen verwehrt. Dass der damalige Bundesrat Christoph Blocher diesen offenen Verstoss gegen schweizerisches Recht heute als «richtig» rechtfertigt und fordert, in Zukunft ebenso zu handeln, ist unhaltbar. «Asylanträge sind kein Spielzeug, welches man einfach beiseite legen kann. Sie sind bitterer Ernst, weil es hier um Menschenleben geht. Anscheinend hat Herr Blocher auf Grund mangelnder Kompetenzen dies nie verstanden», meint Moreno Casasola von Sosf.
 
Die von Bundesrätin Simonetta Sommaruga in Gang gesetzte externe Untersuchung reicht nicht aus, um zu klären, wer für dieses Vorgehen die Verantwortung trägt, wer in der Bundesverwaltung und gegebenenfalls im Bundesrat davon wusste und diesen Rechtsbruch gedeckt hat. Solidarité sans frontières und die DJS fordern daher weiter gehende Konsequenzen. Das Parlament muss umgehend eine Untersuchungskommission (PUK) einberufen. «Der jetzt publik gewordene Rechtsbruch lässt befürchten, dass weitere solche haarsträubenden Gesetzesverstösse und Rechtsverzögerungen stattgefunden haben», sagt Catherine Weber, Geschäftsführerin der DJS.
 
Beide Organisationen fordern zudem, bis zur restlosen Klärung dieser und weiterer Rechtsverstösse sämtliche aufgegleisten Revisionen des Asylgesetzes zu stoppen.