Am 29. Februar 2016 endete die Vernehmlassungsfrist zum Entwurf eines revidierten Bundesgerichtsgesetzes (BGG). Die Demokratischen Juristinnen und Juristen haben zu den wichtigsten Änderungen Stellung bezogen und lehnen die Vorlage ab, da wir darin eine Verschlechterung gegenüber dem geltenden Recht und eine Abkehr von der Maxime, wonach das Bundesgericht individuellen Rechtsschutz gewährleistet, erkennen.

Nach einer Evaluation der revidierten Bundesrechtspflege soll mit einer Gesetzesrevision das Ziel verfolgt werden, das Bundesgericht zu stärken und von weniger bedeutenden Fällen zu entlasten. Dabei werden wesentliche Einschränkungen in allen Rechtsgebieten angestrebt, was dadurch gerechtfertigt wird, dass für alle Arten von Rechtsmittel eine weitere Möglichkeit des Zugangs geschaffen werden soll. So würden Beschwerden, bei denen sich „Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung“ stellen, oder die „besonders bedeutende Fälle“ betreffen, immer vor das Bundesgericht gebracht werden können.

Dieser scheinbare Widerspruch zwischen Entlastung des Gerichts und sogenannter Erweiterung des Rechtsschutzes kann nur dahingehend interpretiert werden, dass das Bundesgericht gestützt auf diese Ausnahmeklausel tatsächlich nur selten auf Beschwerden eintreten wird. So kann schon der bisherigen Rechtsprechung (u.a. BGE 133 III 493) entnommen werden, dass eine „Rechtsfrage von grundlegender Bedeutung“ – in den Worten des Bundesgerichts – „sehr restriktiv auszulegen“ ist.
Rechtssuchende müssten in der Beschwerde darlegen, weshalb es sich um eine grundlegende Rechtsfrage handelt und es wird sehr schwer sein, vorauszusehen, ob das Bundesgericht auf die Beschwerde eintreten wird oder nicht. Dass sich das Bundesgericht also quasi die Beschwerden aussuchen könnte, die es behandeln will, ist auch der Rechtssicherheit nicht dienlich.

Diese vordergründige Öffnung vermag die geplanten Einschränkungen niemals auszugleichen.
Das Instrument der subsidiären Verfassungsbeschwerde soll abgeschafft werden, obwohl die Gründe für deren Erhaltung nach wie vor gegeben sind diese unbestrittenermassen zu keiner Belastung des Gerichtes führt. Ausländerinnen und Ausländer, die sich noch nicht „seit zehn Jahren rechtmässig in der Schweiz aufhalten“ oder noch nicht „bereits die Niederlassungsbewilligung“ besitzen, werden schlechter gestellt, indem sie - auch wenn es um ihr Aufenthaltsrecht geht - keinen Zugang zum Bundesgericht mehr haben sollen. Eine solche Ungleichbehandlung ist nicht zu rechtfertigen. Entscheide im Strafrecht, die eine Busse von maximal CHF 5'000.00 zum Gegenstand haben werden von der Beschwerde in Strafsachen ausgenommen. Die Beschwerdelegitimation von geschädigten Personen, die nicht Opfer im Sinne des Opferhilfegesetzes sind, soll eingeschränkt werden und Beschwerden gegen andere kantonale Beschwerdeentscheide von erheblicher Bedeutung würden nicht mehr zugelassen werden.

Schliesslich enthält die Vorlage neue Regelungen, nach denen eine Vorinstanz die Möglichkeit der Beschwerde an das Bundesgericht stark beeinflussen könnte. So soll beispielsweise im Bereich des Asylwesens die Vorinstanz, also das Bundesverwaltungsgericht, darüber mitbestimmen können, ob der Rechtsweg an das Bundesgericht zugelassen werden soll oder in einem Bereich des Strafrechts soll die Beschwerde ans Bundesgericht nur noch zugelassen werden, wenn die Vorinstanz die Angelegenheit materiell beurteilt hat.

Es ist wichtig, dass wir uns in diese Vorlage genau anschauen, uns weiterhin in die Debatte um diese einbringen und den Einschränkungen des Rechtsschutzes etwas entgegenzusetzen haben.

Melanie Aebli, DJS
Text erschienen im plädoyer 2/2016