Am 1. März 2019 ist der letzte Teil des neuen Asylgesetzes in Kraft getreten und damit wurden in der gesamten Schweiz die neuen, beschleunigten Asylverfahren eingeführt. Weil Effizienz gross geschrieben wird, sind alle für das Verfahren zuständigen Personen oder Organisationen neu unter einem Dach, inklusive die Rechtsvertretung.

Eine schnellere Abwicklung der Verfahren wurde seitens den DJS immer gefordert. Die langen Wartezeiten von bis zu vier Jahren vor der ersten Instanz sind unzumutbar angesichts der grossen Unsicherheit, den Schwierigkeiten, am sozialen Leben teilzunehmen und der faktischen Unmöglichkeit, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen und sie hinterlassen sehr oft auch gesundheitliche Spuren. Dazu kommen die Bewegungsfreiheit massiv einschränkende Massnahmen wie die Eingrenzung im Kanton St. Gallen oder die Anwesenheitspflicht in den Kantonen Zürich und Bern, die den Druck zusätzlich erhöhen. Im November 2018 haben mehrere Anwält_innen und Organisationen, darunter die DJS, in einem Brief vom Staatsekretariat für Migration (SEM) gefordert, dass offensichtlich gut begründete Asylgesuche nicht länger auf die lange Bank geschoben werden sollen und die Verfahrensgarantien von Art. 29 Abs. 1 BV zu berücksichtigen sind.

Trotz der Forderung nach einer schnelleren Abwicklung der Verfahren und einer nachvollziehbaren Prioritätenordnung haben sich die DJS stets gegen die nun in Kraft getretene Ausgestaltung der Verfahren ausgesprochen. Eine «Beschleunigung» hätte auch erreicht werden können ohne die Gesuchsteller_innen in der für die Öffentlichkeit unzugänglichen Zentren mit sehr begrenzten Ausgangszeiten dermassen zu isolieren, ohne eine Verkürzung der regulären Beschwerdefrist von dreissig auf zehn Tage und mit unabhängigen Rechtsvertreter_innen, die nicht gesetzlich verpflichtet wären, ihr Mandat niederzulegen, wenn ihnen eine Beschwerde aussichtslos erscheint.
Im Testzentrum in Zürich, in dem die neuen Verfahren seit Januar 2014 getestet wurden, gab es einige gute Erfahrungen, was sicher auch von den Einstellungen und dem Engagement der einzelnen Rechtsvertreter_innen abhängig war. Es wurden aber auch Mandate niedergelegt, die daraufhin von Rechtsberatungsstellen oder Anwält_innen übernommen wurden und eine Beschwerde dann doch erfolgreich war.

Vor dem Hintergrund, dass rechtliche Beratung und Vertretung in asylrechtlichen Verfahren nun neu gedacht werden müssen, hat die Beratungsstelle Freiplatzaktion Zürich das Konzept der aktivistischen Rechtsarbeit vorgestellt und ein Manifest dazu verfasst. Demnach soll ein uneingeschränkter Zugang zu rechtlicher Unterstützung stets gewährleistet sein. Dazu gehört auch, dass Menschen im Asylverfahren wie alle anderen Menschen in jedem Fall an eine Beschwerdeinstanz gelangen können, selbst wenn ein Anliegen aussichtslos erscheinen mag. Rechtsvertreter_innen sollen ihren Klient_innen auf Augenhöhe begegnen und deren Vorstellungen rechtlicher Perspektiven respektieren, auch wenn sie den persönlichen Vorstellungen der Vertretung zuwiderlaufen. Aktivistische Rechtsarbeit soll auch politisch und nicht rein juristisch sein. Denn wer sich innerhalb eines Rechtsgebietes bewegt, in dem der rechtliche Spielraum immer kleiner wird und in der Anwendung der herrschenden Gesetze ausschliessende Kategorien reproduziert, ist auch dazu aufgerufen, politische Forderungen zu stellen und dieses System zu verändern.

Melanie Aebli, Rechtsanwältin/Geschäftsleiterin DJS

erschienen im plädoyer 1/2019