Bern, 18. März 2016

Am 16. März 2016 wurden in der Türkei die Anwält_innen Ayşe Acinikli, İrfan Arasan, Ayşe Başar, Hüseyin Boğatekin, Adem Çalışçı, Şefik Çelik, Ramazan Demir, Tamer Doğan und Mus-tafa Ruzgar festgenommen. Gegen eine weitere Anwältin liegt ein Haftbefehl vor. Die Demokratischen Jurist_innen Schweiz (DJS) erklären hiermit ihre Solidarität mit den verhafteten Kolleg_innen und fordern ihre sofortige Freilassung.

 

Seit Sommer 2012 beobachten die DJS den im Rahmen der sogenannten «KCK-Verfahren» geführten Prozess gegen 46 Anwält_innen und drei ihrer Angestellten – vorgeworfen wird ihnen die Mitgliedschaft bzw. die Unterstützung einer terroristischen Organisation (KCK). Die internationalen Beobachtungsdelegationen, darunter die DJS, kritisieren seit Anbeginn, dass die angeklagten Kolleg_innen wegen ihrer beruflichen Tätigkeit als Verteidiger_innen in politischen Strafverfahren selber auf die Anklagebank kamen. Für den 17. März 2016 war der 13. Verhandlungstag angesetzt. Am frühen Morgen des Vortrages wurden jedoch die Wohnungen von 9 Mitgliedern des Verteidigungsteams gestürmt, die Anwält_innen festgenommen und ihre Büros durchsucht. Damit sind Anwält_innen erneut nur wegen ihrer Tätigkeit als Strafverteidiger_innen mit Terroranschuldigungen konfrontiert. Die DJS erachtet dieses Vorgehen als rechtswidrig.

Hinzu kommt, dass die Verteidiger_innen der gestern Verhafteten – weil die Verfahrensakten geheim gehalten werden – weder über die konkreten Anklagepunkte noch über allfällige Beweise informiert werden. Eine wirksame Verteidigung ist so undenkbar. Die Verteidigung wird von den Untersuchungen ausgeschlossen und kann unter diesen Umständen auch keine Anträge stellen.

Aus Protest gegen die Verhaftung ihrer Kolleg_innen verliessen die verbleibenden Verteidiger_innen im KCK-Prozess heute den Gerichtssaal. Sie erklärten, dass in einem Staat, der die Justiz zur Gehilfin der Regierung macht, auch der letzte Anschein der Rechtsförmigkeit verblasst. Bevor der Richter die Verhandlung schloss, zeigte sich einer der Angeklagten solidarisch mit den Verhafteten: «Sie waren unsere Anwält_innen – jetzt müssen wir sie verteidigen».

Die DJS verurteilen die willkürlichen Verhaftungen. Wir fordern die sofortige Freilassung unserer Freund_innen und ein Ende der politischen Strafverfolgung gegen die Opposition in der Türkei.

Statement der Europäische Vereinigung von Juristinnen & Juristen für Demokratie und Menschenrechte in der Welt (EJDM) vom 17. März 2016

Berichte der Prozessbeobachtungen vom Oktober 2015 und vom März 2016

Update zu den Verhaftungen, 23. März 2016

----

Kontakt: Melanie Aebli, Geschäftsleiterin DJS, 078/6178717, Cette adresse e-mail est protégée contre les robots spammeurs. Vous devez activer le JavaScript pour la visualiser.