Bundesgesetz über die Anwendung von Zwang im Ausländerrecht und beim Transport im Auftrag der Bundesbehörden, Zwangsanwendungsgesetz (ZAG)
Stellungnahme der
Demokratischen Juristinnen und Juristen Schweiz (DJS)

Bern, den 25. Februar 2005


1 Einleitende Bemerkungen
Die DJS begrüssen zunächst grundsätzlich, dass der Bund im Bereich polizeilicher Zwangsanwendung legiferiert. Anlass dazu boten – und dies sollte im vorliegenden Zusammenhang nicht vergessen werden – mehrere schwerwiegende Zwischenfälle bei zwangsweisen Ausschaffungen, die teilweise sogar mit Todesfolgen für die betroffenen Personen verbunden waren. Aus diesen Gründen wenden sich die DJS generell gegen zwangsweise Ausschaffungen, die unter menschenunwürdigen Bedingungen und nur mit Hilfe von Fesselungen an Rollstühle und unter der Drohung des Einsatzes von Elektroschockgeräten durchgeführt werden können. Der Einsatz von Zwangsmitteln und von körperlicher Gewalt dürfen nur als letzte Mittel in Frage kommen. Vorgängig sind die betroffenen Personen in jedem Fall zu informieren und auf ihre Rechte aufmerksam zu machen.
Im Einzelnen scheint uns der vorliegende Entwurf für ein Zwangsanwendungsgesetz zu einseitig fokussiert, wenn man den heutigen Stand des Projekts einer national vereinheitlichten Strafprozessordnung in Betracht zieht. Vor diesem Hintergrund wirkt der VE ZAH etwas erratisch. Er umfasst zwar positive Ansätze, doch erscheint er nicht durchwegs systematisch durchdacht. Es fehlt zum einen eine übersichtliche „Charta der Rechte des Zwangsunterworfenen“, zum andern vermissen wir eine ausreichende Regelung aller in Frage kommenden Arten polizeilicher Zwangsanwendung.

Im einzelnen sind die DJS damit einverstanden, dass das Gesetz eine abschliessende Aufzählung der Zwangsanwendung legitimierenden Situationen enthält, dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit verpflichtet ist und die ausdrücklichen Verbote der Anwendung
lebensgefährdender Techniken und zwangsweise verabreichter Medikamente vorsieht. Ebenso halten wir es für sinnvoll, dass die Zwangsanwendung ausschliesslich von besonders ausgebildeten Personen vorgenommen werden soll.

Dagegen erachten es die DJS als eine Verletzung des staatlichen Gewaltmonopols, dass der VE ZAG den Einsatz privater Akteure, die im Auftrag des Bundes handeln, ausdrücklich erlaubt. Es stellen sich dabei nicht nur schwierige Haftungsfragen. Auch rechtsstaatliche Bedenken sind hier zu berücksichtigen.
Die DJS verlangen weiter, dass Personen, die zwangsweise ausgeschafft werden, Anspruch auf eine anwaltliche Vertretung erhalten, allenfalls in Form eines amtlich zu bestellenden Rechtsbeistandes.
2 Die gesetzlichen Regelungen im Einzelnen
Art. 1 Allgemeine Bestimmungen

Die DJS hätten den Entwurf der Expertengruppe vorgezogen, wonach der Geltungsbereich auf alle Zwangsanwendungen im Bereich des Bundesrechtes auszudehnen wäre. Damit könnte dem Einwand, es handle sich beim ZAG um Sonderrecht für ausländische Personen und abgewiesene Asyl Suchende, eher begegnet werden.
Ändern: Art. 1 Abs. 1 lit. c ist zu streichen.
Die Anwendung von behördlichem Zwang zur Durchsetzung staatlicher Anordnungen ist ein geradezu klassischer Hoheitsakt. Die DJS sind deshalb aus grundsätzlich rechtsstaatlichen Überlegungen nicht damit einverstanden, dass diese Aufgabe an Private übertragen werden kann, obwohl – gerade im Bereich zwangsweiser Ausschaffungen auf dem Luftweg – immer häufiger private Sicherheitskräfte engagiert werden. Daran ändert grundsätzlich auch die Vorschrift von Art. 14 Abs. 1 VE ZAG nichts.
Ändern: Abs. 2 von Art. 1 streichen.
Wie die Erläuterungen des EJPD festhalten, bleiben bei übermässiger Zwangsanwendung, im Rahmen eines allfälligen Strafverfahrens die Rechtsfertigungsgründe von Amts- und Berufspflicht, Notwehr und Notstand ohnehin stets vorbehalten. Indessen führt eine präventive Ausserkraftsetzung des Gesetzes durch Handeln in Notwehr- bzw. Notstandssituationen - wie dies die zu streichende Bestimmung vorsieht - zu nicht kalkulierbarer Rechtsunsicherheit.
Art. 3 Grundsätze (der Zwangsanwendung)

Einfügen: Abs. 1: Polizeilicher Zwang darf nur als letztes Mittel, zur Aufrechterhaltung (...) angewendet werden, insbesondere....

neuer Abs. 5:
Über die Anwendung jeglicher Zwangsmassnahmen führen die ausübenden Beamten ein chronologisch geführtes, von ihnen zu unterzeichnendes Journal.
neuer Abs. 6:
Bei der Vorbereitung und Durchführung des Transports haben Personen, die Freiheitsbeschränkungen unterstehen, Anspruch auf eine Rechtsvertretung. Sind sie bedürftig, wird ihnen ein unentgeltlicher Rechtsbeistand beigeordnet.

Die Zwang ausübenden Beamten haben gemäss Art. 5 VE ZAG eine besondere Ausbildung zu absolvieren. Diese muss grundsätzlich das Ziel anstreben, die Beamten daraufhin zu schulen, dass sie jede unnötige Gewaltanwendung durch Einsatz von Kommunikation, namentlich durch Gespräche und Verhandlungen, vermeiden. Im Weiteren muss eine effiziente Selektion des Personals gewährleisten, dass es in der Lage ist, gewaltträchtige Situationen zu deeskalieren.

Die Identifikation der an der Ausübung des Polizeizwangs beteiligten Personen muss – wie übrigens heute bei der Kantonspolizei Zürich bereits üblich – auch im Hinblick auf allfällige Haftungsfragen gewährleistet sein . Dies geschieht am einfachsten durch eine laufende Journalführung, welche auch alle beteiligten Akteure umfasst.

Die DJS halten das im Erläuternden Bericht bei Ausschaffungen auf dem Luftweg vorgesehene zwangsweise Anziehen von Windeln als in jedem Fall für erniedrigend und damit für unzulässig. Nachdem die Richtlinien der KKJPD ausdrücklich ein entsprechendes Verbot vorsehen, ist nicht einzusehen, weshalb im ZAG davon abgesehen werden sollte.

Ausserdem sind wir aufgrund aktuellster Erfahrungen davon überzeugt, dass nur die Präsenz einer rechtlich geschulten Parteivertretung ausreichend gewährleistet, dass bei zwangsweisen Ausschaffungen nicht übermässig und verbotenerweise Zwang und Gewalt angewendet wird.
Art. 4 Ankündigung
Ändern:
Die Anwendung polizeilichen Zwangs wird der betroffenen Person in einer ihr verständlichen Sprache angekündigt.

Den Grundsätzen der Verhältnismässigkeit und des rechtlichen Gehörs ist in jedem Fall – auch bei der Zwangsanwendung - Rechnung zu tragen. Demgegenüber ist überfallartige Gewaltanwendung stets erniedrigend und menschenunwürdig und provoziert häufig eine – unerwünschte – Panikreaktion. Gerade im Hinblick auf die Schulung der gewaltanwendenden BeamtInnen sollte die kompromisslose Formulierung, die wir vorschlagen, im Gesetz verankert sein. Soweit uns bekannt ist, wird namentlich bei Ausschaffungen viel zu oft polizeilicher Zwang ohne entsprechende Vorankündigung ausgeübt. Da ohnehin Notstands- und Notwehrsituationen sowie die Amts- und Berufspflicht vorbehalten bleiben, kann Extremfällen Rechnung getragen werden.

Durch eine Ankündigung kann manche gewaltträchtige Situation entschärft werden. Die zwangsunterworfene Person kann durch ihr Einlenken auch die Intensität des anzuwendenden Zwangs beeinflussen.

Der europäische Ausschuss zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (CPT) kritisierte, dass in der Schweiz bei zwangsweisen Rückführungen regelmässig auf eine Ankündigung des Zwangs verzichtet wurde. Unter Hinweis auf mögliche Missbräuche lehnt er eine Verzichtsregelung ab. Ausnahmen müssten deshalb restriktiv gehandhabt und geregelt werden. 

Entgegen dieser Empfehlung sieht der VE ZAG den Verzicht ausdrücklich vor und stellt damit die Ankündigung des Zwangs ins Ermessen der zwanganwendenden BeamtInnen.

Die Ankündigung ist sinn- und wirkungslos, wenn die zwangsunterworfene Person sie nicht versteht. Deshalb muss das Gesetz vorsehen, dass sie in einer verständlichen Sprache erfolgt.

Art. 6 Einsatz körperlicher Gewalt
„erheblich“ streichen
Ergänzen: Der Bundesrat bestimmt die zugelassenen und verbotenen Techniken.

Der Erläuternde Bericht weist zu Recht darauf hin, dass die Anwendung bestimmter Techniken der Gewaltanwendung zum Vorneherein verboten werden muss, falls sie das Risiko schwerer oder dauernder Gesundheitsschädigung mit sich bringt.

Grundsätzlich darf demgegenüber nach Ansicht der DJS bei der Anwendung hoheitlicher Gewalt nicht einmal das Risiko einer einfachen Körperverletzung in Kauf genommen werden.

Der Vorentwurf lässt im Übrigen – entgegen dem Erläuternden Bericht - eine Delegationsnorm an den Bundesrat vermissen.


Art. 7 Einsatz von Hilfsmitteln
„und Fussfesseln“ streichen

Bilder von US-amerikanischen Gefangenen, die mit Fussfesseln aneinandergekettet im Freien marschieren, machen deutlich, dass dies einer erniedrigenden Behandlung entspricht. Fussfesseln bilden ausserdem vor allem beim Lufttransport ein Gefahrenpotential.
Art. 8 Einsatz von Waffen

Die DJS ziehen den Einsatz von Waffen bei der Ausübung polizeilichen Zwangs grundsätzlich in Zweifel. Schlag- und Abwehrstöcke bergen ein hohes Gefährdungspotential. Zudem werden sie nach Berichten anerkannter Menschenrechtsorganisationen häufig für Misshandlungen von Wehrlosen verwendet. Zu streichen ist unserer Ansicht nach unbedingt der Einsatz von Elektroschockgeräten.

Streichen Art. 8 Abs. 1 lit. b: „Elektroschockgeräte“

Die Schweiz wäre der einzige europäische Staat, welcher solche Apparate zulässt! Wie amnesty international festhält, hat die Organisation seit dem Jahr 2002 über 70 Todesfälle beim Einsatz von Elektroschockwaffen dokumentiert. Deren Einsatz erscheint deshalb höchst gefährlich, zumal eine besondere Empfindlichkeit bei zwangsunterworfenen Person regelmässig nicht im Voraus bekannt ist und meistens nicht zuverlässig abgeschätzt werden kann. Ausserdem sind allfällige Spätfolgen solcher Einsätze bisher weder wissenschaftlich untersucht worden, noch generell auszuschliessen. Diesen Bedenken ist durch ein Verbot Rechnung zu tragen. Schliesslich wäre der Einsatz von solchen Waffen in Luftfahrzeugen wegen des Gefahrenpotentials wohl ausdrücklich zu verbieten.
Durchsuchung / Körperliche Untersuchung
Art. 9, 10 und 11

Die DJS können die Ausnahmeregelungen von Art. 9 Abs. 2, 10 Abs. 2 VE ZAG nicht nachvollziehen. Sie senden ein falsches Signal an die auszubildenden Beamten aus, weil sie erlauben, in jedem Fall eine Ausnahmesituation zu sehen. Ausserdem liegt bei unmittelbarer Gefahr für Leib und Leben regelmässig eine Notstands- oder Notwehrsituation vor, die ohnehin vorbehalten bleibt.


Regelung der Personentransporte
Art. 12

Art. 12 ZAG erteilt dem Bundesrat die Kompetenz, auf Verordnungsstufe die Ausgestaltung von zwangsweisen Personentransporten im Detail zu regeln. Damit sollen die bisherigen Empfehlungen der KKJPD rechtlich verbindlich werden, was grundsätzlich begrüssenswert ist. Die DJS erinnern in diesem Zusammenhang nochmals daran, dass es in den zu erlassenden Verordnungsbestimmungen stets um die konkrete Verwirklichung des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes gehen muss. So wird bspw. klar festzuhalten sein, dass ein Transport auf dem kürzest möglichen Weg bzw. in der kürzest möglichen Zeit durchzuführen ist und dass das Haftregime während Zwischenhalten den einschlägigen völkerrechtlichen Konventionen zu entsprechen hat bzw. nicht einschränkender sein darf als unbedingt erforderlich.


Vorbereitung von Rückführungen auf dem Luftweg
Art. 13

Wie zu Art. 4 ZAG ausgeführt, ist die vorgängige Kommunikation mit der betroffenen Person von entscheidender Bedeutung für einen möglichst konfliktfreien Ablauf einer Ausschaffungsaktion. Der Zwangsunterworfene ist in jedem Fall vorgängig zu informieren, insbesondere über seine Rechte sowie über den Zeitpunkt und den genauen Ablauf der Rückführung. Bei Bedarf ist ein Dolmetscher beizuziehen. Eine Orientierung hat auch an die nächsten Familienangehörigen und – was unserer Erfahrung gemäss in der heutigen Praxis systematisch unterlassen wird – an den Rechtsvertreter zu ergehen. Es ist nicht ersichtlich, inwieweit eine Ankündigung den geplanten Vollzug in Frage stellen könnte. Besteht im konkreten Fall eine reelle Gefahr des Untertauchens, steht es den Behörden offen, die weggewiesene Person bereits vorher in Ausschaffungshaft zu nehmen. Die in den Gesetzesentwurf aufgenommene Ausnahmeklausel „... soweit der Vollzug selbst damit nicht in Frage gestellt wird“ ist daher zu streichen.

Begleitpersonen
Art. 14

Die DJS gehen einig damit, dass mit der besonderen Ausbildung von Begleitpersonen ein erster Schritt zur Sicherstellung von menschenrechtskonformen Rückführungen auf dem Luftweg getan wird. Darüber hinaus ist unseres Erachtens aber die zusätzliche Rechtsverbeiständung durch besondere Rechtsvertreter (vgl. einleitende Bemerkungen) unabdingbar. Solche Personen können konfliktverhindernd wirken und bleiben bis zur nachträglichen Aufklärung von allfälligen Vorfällen Parteivertreter. Diese Forderung geht zwar weiter als es die Empfehlungen des Europaparlaments vorsehen. Doch ist z.B. schon heute die Begleitung durch besondere Menschenrechtsbeobachter herrschende Praxis der österreichischen und französischen Behörden.

Eine Selbstverständlichkeit sollte sein, dass mindestens eine der rückführenden Begleitpersonen dem gleichen Geschlecht angehört wie die zurückzuführende Person. Der Gesetzestext ist diesbezüglich zu ergänzen.


Medizinische Versorgung und Einsatz von Arzneimitteln
Art. 15, 16, 17, 18

Medizinische Untersuchungen bedürfen der ausdrücklichen Einwilligung der betroffenen Personen. Gegen den Willen der festgehaltenen Person darf eine Untersuchung nicht stattfinden, umgekehrt muss eine medizinische Untersuchung auf Verlangen hin in jedem Fall vorgenommen werden. Der Gesetzestext in Art. 16 ZAG ist dahingehend zu präzisieren bzw. zu ergänzen.

Das von Menschenrechtsorganisationen seit langem geforderte ausdrückliche Verbot der Zwangsmedikation zwecks Ruhigstellung (Art. 18 ZAG) begrüssen die DJS als einen der Kernpunkte der Legiferierung.


Aus- und Weiterbildung
Art. 19, 20

Die gesetzliche Regelung der gezielten Ausbildung von Personen, die mit der zwangsweisen Rückführung von Weggewiesenen betraut sind, entspricht einem wichtigen Anliegen der DJS. Die DJS appellieren daran, die Ausbildungen grundrechtsbezogen zu gestalten und im Hinblick auf den von den Zwangsanwendungen in erster Linie betroffenen Personenkreis Fragen der interkulturellen Kommunikation miteinzubeziehen.

Die spezielle Schulung darf allerdings nicht eine  polizeiliche Ausbildung ersetzen. Im Sinne der einleitenden Bemerkungen ist daher an dieser Stelle nochmals mit Nachdruck festzuhalten, dass bei Rückführungsaktionen der Einsatz privater Akteure (selbst wenn diese entsprechende Kurse absolviert haben sollten) unter allen Umständen zu vermeiden ist.

Haftung für Schäden
Art. 21

Selbstverständlich wird eine erleichterte Geltendmachung von Haftungsansprüchen von den DJS begrüsst. Die DJS sind freilich skeptisch, ob das Verantwortlichkeitsgesetz des Bundes, auf welches Art. 21 ZAG verweist, den spezifischen Konstellationen im Bereich des zwangsweisen Wegweisungsvollzugs für sich alleine gerecht werden kann. Etwaige Opfer polizeilicher Gewaltanwendung werden sich nach dem Vorfall in aller Regel im Ausland befinden. Der Zugang zu einem Schweizerischen Rechtsschutzverfahren ist daher weitergehend als im vorgesehenen Art. 21 ZAG zu erleichtern (z.B. Geltendmachung von Ansprüchen und Erstattung von Anzeigen bei den Schweizerischen Vertretungen im Ausland und zwar ohne hohe formelle Hürden).

In diesem Zusammenhang regen die DJS im Übrigen die Schaffung einer Ombudsstelle an, die eine wichtige Funktion nicht nur für den (nachträglichen) Rechtsschutz,  sondern auch bezüglich der Prävention einnehmen könnte.


Neuer Festhaltungsgrund (Art. 12a ANAG)
Art. 22

Der unter dem Titel „Schlussbestimmungen“ angeführte Art. 22 ZAG, mit welchem im Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG) ein neuer Festhaltungsgrund für Ausländer ohne Aufenthalt- oder Niederlassungsbewilligung statuiert werden soll, ist ersatzlos zu streichen. Es kann aus Sicht der DJS nicht angehen, den noch laufenden Diskussionen über das neue Ausländergesetz vorzugreifen und gewissermassen durch die Hintertüre eine weitere Verschärfung des ANAG vorzunehmen.

Nebst diesem gesetzgebungspolitischen Bedenken ist hier allerdings vor allem unsere strikte Ablehnung von neuen Festhaltungsgründen an sich zum Ausdruck zu bringen. Nach heutiger Rechtslage kann eine ausländische Person zwecks Sicherung des Wegweisungsvollzugs – also auch zur Durchführung von Identitätsabklärungen – bis zu  96 Stunden festgehalten werden, ohne dass dafür ein Richter angerufen werden müsste (ANAG 13a ff). Im Ergebnis geht es mit dem Art. 22 ZAG bzw. Art. 12a ANAG um eine Verlängerung der Frist zwischen Festnahme und haftrichterlicher Überprüfung um weitere drei auf sieben Tage. Dies wäre unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten unhaltbar. Die bisherigen Bestimmungen des ANAG genügen den Bedürfnissen der Praxis vollauf. Eine Erweiterung der vorhandenen Instrumente ist weder erforderlich noch geeignet, allfällige Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Vollzug von Wegweisungen zu lösen.