Am 15. November 2007 hat das Verwaltungsgericht Zürich eine Beschwerde der Stadtpolizei Zürich gutgeheissen, wonach einem Unschuldigen kein Recht auf Löschung seiner Daten aus dem Polizei-Informationssystem POLIS zustehe. Gegen den Beschwerdegegner war eine Strafuntersuchung wegen schwerer Körperverletzung geführt worden, doch die Staatsanwaltschaft hatte das Verfahren eingestellt, weil nicht einmal ein Zusammenhang zu der ungeklärten Straftat hergestellt werden konnte. Das Verwaltungsgericht führt an, eine Löschung der Daten sei geeignet, die kommunale polizeiliche Aufgabenerfüllung nachhaltig zu erschweren.
Die DJZ sind empört über diesen Entscheid und unterstützen den Weiterzug ans Bundesgericht.
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Die Demokratischen Juristinnen und Juristen Zürich (DJZ) sind empört über den Entscheid des Verwaltungsgerichts bezüglich Datenaufbewahrung eines Unschuldigen. Sie unterstützen einen Weiterzug an das Bundesgericht, da der Entscheid gegen die Bundesverfassung und die Europäische Menschenrechtskonvention verstösst.

Am 15. November 2007 hat das Verwaltungsgericht Zürich eine Beschwerde der Stadtpolizei Zürich gutgeheissen und damit einem Unschuldigen das Recht auf Datenschutz aberkannt, wie aus dem letzte Woche veröffentlichten Urteil hervorgeht. Gegen den Beschwerdegegner war eine Strafuntersuchung wegen schwerer Körperverletzung geführt worden, doch die Staatsanwaltschaft hatte das Verfahren eingestellt, weil nicht einmal ein Zusammenhang zu der ungeklärten Straftat hergestellt werden konnte. Den Mann findet aber weiterhin jeder Polizist, der auf das System Zugriff hat, im POLIS-Informationssystem im Zusammenhang mit der Tat. Was ihm zu Unrecht angelastet wurde, ist nur ergänzt mit dem Hinweis, das Verfahren sei eingestellt worden. Ein Recht auf Löschung seiner Daten habe er nicht, so die Meinung der Polizeivorsteherin der Stadt Zürich und des Verwaltungsgerichts. Die Löschung hätte einen Datenverlust zur Folge, der „geeignet sei, die kommunale polizeiliche Aufgabenerfüllung nachhaltig zu erschweren“, so das Verwaltungsgericht in seinen Erwägungen. Folglich sollte also die öffentliche Sicherheit in Gefahr sein, wenn nicht jeder zu Unrecht Beschuldigte noch in den Registern der Polizei geführt wird. Wo der Stadtrat und das Verwaltungsgericht die konkrete Gefahr sehen, die aus einer Löschung resultieren würde, wird aus dem Urteil nicht klar. Denn: Es gibt sie nicht bei einer zu Unrecht verhafteten Person, der kein Gesetzesverstoss angelastet werden kann. Genauso wenig wie ein öffentliches Interesse, das nach der Bundesverfassung nötig wäre, um die Daten im Widerspruch mit dem Recht auf Achtung des Privatlebens aufbewahren zu dürfen. Die DJZ fragen sich ernsthaft, wieviel der Stadtpolizei die verfassungsmässigen Grundrechte Datenschutz, die Achtung des Privatlebens der BürgerInnen, und die Unschuldsvermutung noch Wert sind.
Das POLIS-Informationssystem basiert auf der gleichnamigen Verordnung, diese wiederum findet ihre notwendige gesetzliche Grundlage im Polizeiorganisationsgesetz (POG). Da weder in der Verordnung noch im POG ein Recht auf Löschung explizit enthalten oder ausgeschlossen ist, müsste auf das kantonale Datenschutzgesetz abgestellt werden. Dieses enthält ein Recht auf Löschung der Daten. Folglich sollte dies auch für POLIS-Daten möglich sein. Genau diese Lösung hat der kantonale Datenschutzbeauftragte bis heute für solche Fälle mit Nachdruck vertreten. Doch das Verwaltungsgericht verneint dies.
Der Entscheid des Verwaltungsgericht lässt eine Haltung gegenüber den Grundrechten durchschimmern, die den DJZ Sorge bereitet. Bereits eine Tangierung des Schutzbereiches der Unschuldsvermutung wird angezweifelt. Wer von der Staatsanwaltschaft – also der staatlichen Gegenpartei in dem Verfahren – für unschuldig erklärt wurde und dennoch polizeilich registriert gehalten wird in direktem Zusammenhang mit dem Delikt, der ist zweifelsohne in diesem Recht tangiert. Eine solch abenteuerliche Verdrehung der Bundesverfassung ist unhaltbar. Nur noch zynisch liest sich die Erwägung, der Eintrag könne sich auch zu Gunsten der Person auswirken, „wenn nämlich diese Daten zum Beispiel gerade eine Beteiligung dieser Person an einer Straftat ausschliessen“. Soll dies etwa eine Empfehlung an alle rechtschaffenen BürgerInnen sein, sich im POLIS als solche eintragen zu lassen? Weiter führt das Verwaltungsgericht aus, die Daten würden nicht „ewig“ gespeichert. In der Realität könnten diese bis zum Ablauf der Verfolgungsverjährung, also bis zu 30 Jahre, gespeichert bleiben, wenn es nach dem Willen der Stadtpolizei ginge.
Die DJZ sind zuversichtlich, dass einem Weiterzug an das Bundesgericht Erfolg beschieden sein könnte und unterstützen dies daher. In einem Entscheid im Jahr 2001 (1P.46/2001) hat Lausanne bereits einmal einem Beschwerdeführer einen Anspruch auf Löschung der Daten zugestanden. Es hielt fest, dass grundsätzlich ein verfassungs- und konventionsrechtlicher Anspruch auf Löschung der Polizeidaten bestehe, wenn jemand freigesprochen oder die Untersuchung eingestellt wird. Auf diesen Entscheid hatte im konkreten Fall noch das Statthalteramt als zuständige Rekurs- und Aufsichtsbehörde über die Stadtpolizei Zürich abgestellt und deshalb das Löschungsbegehren des Beschwerdegegners gutgeheissen.