Das Bundesgericht hat die Beschwerde der Demokratischen JuristInnen Luzern (DJL) gegen das Luzerner Polizeigesetz in öffentlicher Urteilsberatung teilweise gutgeheissen. Damit müssen Kantonsregierung und -rat erneut über die Bücher.

Vor bald 8 Jahren wurde im Luzerner Kantonsrat ein Postulat eingereicht, das die Überwälzung von Polizeikosten auf KundgebungsveranstalterInnen verlangte. Die in der Folge revidierte Polizeikosten-verordnung sah eine nur rudimentär bestimmte Kostenüberwälzung auf VeranstalterInnen sowie Störe-rInnen vor – hielt einer ersten abstrakten Normkontrolle vor dem Luzerner Verwaltungsgericht aber nicht stand. Das Gericht bejahte einen grundrechtswidrigen Einschüchterungseffekt: Der Höhe nach nicht von vorherein bekannte, unter Umständen sehr hohe Gebühren können die Grundrechtausübung vereiteln. Ausserdem äusserte es erhebliche Bedenken an der Ausweitung des Störerbegriffs auf den Zweckveranlasser und bemängelt das Fehlen einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage (VwGer LU, 7.5.2013, P 12 2). Trotz des Urteils wurde das Vorhaben in den Grundzügen unverändert auf Geset-zesstufe realisiert. Allerdings wurde eine Gebührenobergrenze von CHF 30'000 definiert, die Haftung der VeranstalterInnen an einen Verstoss gegen Bewilligungspflichten bzw. -auflagen geknüpft und eine Kostenverteilung unter den StörerInnen zu gleichen Teilen statuiert.
Dagegen erhoben die DJL zusammen mit betroffenen Einzelpersonen und Organisationen Beschwerde ans Bundesgericht: Auch die «korrigierte» Norm verstosse gegen die Versammlungs- und der Mei-nungsfreiheit, zumal eine so hohe Maximalgebühr eine Abschreckungswirkung nicht auszuräumen vermöge. Ausserdem müssten VeranstalterInnen im Falle von Ausschreitungen stets fürchten, dass die Polizei ihnen entgegenhält, gegen Bewilligungsauflagen verstossen zu haben. Noch prekärer sei die Situation für Spontankundgebungen: Diese unterliegen keiner Bewilligungspflicht, was die Luzerner Strafbehörden aber ignorieren und bei Spontankundgebungen systematisch wegen angeblich fehlender Bewilligung Anklage erheben. Neben diesen demokratiepolitisch bedeutsamen Aspekten rügten die BeschwerdeführerInnen insbesondere die Verletzung des Äquivalenzprinzips, die Ausweitung des Störerbegriffs sowie den strafrechtlichen Charakter der Kostenüberwälzung.
Das Bundesgericht anerkannte die grundrechtlichen Bedenken, erachtete indes eine Aufhebung der kompletten Bestimmung für nicht erforderlich, da eine verfassungskonforme Auslegung nicht a priori unmöglich sei. So sei etwa für die Kostenüberwälzung auf die VeranstalterInnen ein «schlechterdings unverständliches» Verhalten («absolument injustifiable») vorauszusetzen. Wie aber eine ex ante be-stehende abschreckende Wirkung aufgrund existenzvernichtender Kosten durch den Hinweis auf die konkrete Gesetzesanwendung ausgeräumt werden kann, wird noch darzulegen sein. Es ist zu hoffen, dass das Bundesgericht im schriftlichen Urteil die Anwendungsvoraussetzung konkretisiert – auch bezüglich Spontankundgebungen. Kassiert hat das Bundesgericht die Kostenverteilung zu gleichen Teilen auf alle StörerInnen. Hiermit würden die individuellen Anteile an der Kostenverursachung nicht berücksichtigt, weshalb die Regelung gegen das Rechtsgleichheits- und Äquivalenzprinzip verstosse. Aufgehoben wurde damit auch die im gleichen Absatz festgehaltene Haftungsobergrenze für Einzelpersonen von CHF 30'000. Damit enthält das Gesetz für die Überwälzung auf Einzelperso-nen gar keine finanzielle Obergrenze mehr – obwohl eben diese zentrales Motiv der Korrektur gewe-sen ist. Der Regierungsrat hat erste Konsequenzen gezogen und angekündigt, dass nicht gegen Einzel-personen vorgegangen werden könne.

Markus Husmann, Vorstand Demokratische JuristInnen Luzern
Text erschienen im plädoyer 2/2017