An ihrer dreissigsten Delegiertenversammlung vom 24. Mai 2008 in Biel haben die anwesenden DJS-Mitglieder ihre Besorgnis über möglicheGrundrechts-Verletzungen während der EURO 08 zum Ausdruck gebracht: Die DJS befürchten, dass gewisse rechtsstaatliche Grundprinzipien ausser Kraft gesetzt und Grundrechte verletzt werden könnten. Im Lichte dieser Befürchtungen haben die DJS einen eigenen Fan-Info-Flyer erarbeitet. Dieser Rechtshilfe-Ratgeber (in Deutsch, Französisch, Englisch und Türkisch) versteht sich vor allem auch als Beitrag zur De-Eskalation: Er enthält eine ganze Reihe von Tipps, wie Fussballfans sich verhalten sollen, damit es gar nicht erst zu polizeilichem Eingreifen kommt.

Rechtshilfe-Ratgeber der DJS
Deutsch pdf rechtshilfe-euro08-dt-web 71.11 Kb

aide-mémoire juridique
Français pdf rechtshilfe-euro08-fz-web 73.79 Kb

legal aid information
English pdf rechtshilfe-euro08-engl-web 72.10 Kb

futbol taraftarlarina hukuksal yardim
Türkisch pdf rechtshilfe-euro08-tuerk-web 163.34 Kb

In Zusammenarbeit mit anderen Grundrechte-Organisationen und VertreterInnen der Fanbotschaften (professionelle FanarbeiterInnen aus verschiedenen Ländern) wollen die DJS mit Anwaltspiketts und Beratungs-Hotlines in Bern, Basel, Zürich und Genf einen Beitrag dazu leisten, dass auch während der EURO 08 grundsätzliche rechtsstaatliche Prinzipien gelten müssen. Weiter haben die DJS in den Austragungsorten Bern, Zürich und Basel Gesuche eingereicht für den Zugang von DJS-Legal-Teams in die Sondergefängnisse bzw. zu den geplanten Haftstrassen: Bei Vorliegen entsprechender Informationen oder Anfragen Betroffener möchten die Legal-Teams sich vor Ort einen Überblick verschaffen können (Festhaltebdingungen, Verfahrensabläufe etc.). Allfällige Kritikpunkte würden zuerst den zuständig Verantwortlichen unterbreitet. Die Legal-Team-Delegierten übernehmen keine anwaltschaftliche Funktion, sie könnten aber auf Wunsch der betroffenen Festgehaltenen einen Anwalt/eine Anwältin vermitteln.

In Bern ist ein solcher Zugang vom Kommandant der Kantonspolizei aus datenschutz- under persönlichkeitsrechtlichen Gründen abgelehnt worden. Eine Delegation der DJ Bern konnte aber die Festhalteräumlichkeiten und das Abarbeitungszentrum in Ittigen bei Bern besichtigen und sich vor Ort ein Bild über den dort geplanten Ablauf machen. Ein entsprechendes Gesuch der DJ Zürich wurde vom Regierungsrat ebenfalls abgelehnt. Im ablehnenden Schreiben hält Regierungsrat Notter fest, dass sämtliche Verfahrensrechte Betroffener während der EURO eingehalten werden und ihm persönlich - als Zürcher Justizdirektor wie auch als Präsident der KKJPD - die ausnahmslos korrekte Anwendung der Grund- und Verfahrensrechte ein Anliegen ist. In Basel steht die Antwort der zuständigen Stelle (Regierungsrat Gass) noch aus.

Während der Fussball-EM wird das eigene Polizei-Grossaufgebot durch Hundertschaften von PolizeibeamtInnen aus Deutschland und Frankreich, zivilen Fahndern aus dem In- und Ausland, Tausenden von Mitarbeitenden privater Sicherheitsdienste sowie Angehörigen von Armee und Zivilschutz verstärkt. Insbesondere gegen ausländische Fussballfans sind zahlreiche unverhältnismässige Massnahmen vorgesehen wie etwa die formlose Ausschaffung, auch wenn ein Besucher nur „Anlass zu einer polizeilichen Intervention im Zusammenhang mit der Sicherstellung von Ruhe und Ordnung“ gibt, die Ausschaffung statt Freilassung bei erstinstanzlicher Verurteilung, unter Entzug der aufschiebenden Wirkung oder ein über die EM-Spielzeit hinaus dauerndes längerfristiges Einreiseverbot, selbst wenn keine strafrechtliche Verurteilung vorliegt (Empfehlungen der Vereinigung der Kantonalen Migrationsbehörden vom März 2008 resp. Rundschreiben des Bundesamts für Migration vom Februar 2008)

Bestehende gesetzliche Massnahmen wie Rayonverbot, Präventivhaft und Meldeauflagen werden mit weitergehenden Massnahmen ergänzt: Bereits eine „geringfügige“ Sachbeschädigung oder ein „geringfügiger“ Diebstahl, die Störung des öffentlichen Verkehrs uam. sollen Tatbestände sein, die für eine Festnahme und Verurteilung ausreichen. Bei einer Verhaftung soll die Polizei zudem befugt werden, sofort eine Sicherheitsleistung von 1000 Franken einzuziehen (in bar oder über die Kreditkarte) für zu erwartende Geldstrafen oder Verfahrenskosten; ein Vorgehen, das für die DJS nicht mit dem Prinzip der Unschuldsvermutung zu vereinbaren und daher inakzteptabel ist.