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Mykonos 3

Foto © Dimitris Kiriakakis auf Unsplash

Mykonos 3 I Fall hängig 

 

Geschehnisse

H. und B., beide syrische Staatsangehörige, sowie K., ein ägyptischer Staatsangehöriger, verliessen am 16. Juni 2022 mit einem Segelschiff die Türkei. H. und B. verliessen Syrien wegen des Krieges; sie wollten nicht zum Militärdienst gezwungen werden. H. war Student in Syrien; er hat eine Familie und zwei Kinder. Sein Ziel war es, in die Europäische Union zu reisen, um sich über Italien seinem Bruder in Dänemark anzuschliessen. B. war ebenfalls Student in Syrien, im dritten Jahr seines Jurastudiums. Er hoffte, die Niederlande zu erreichen, um dort zu arbeiten und seine Familie finanziell zu unterstützen. K. verliess Ägypten wegen der ungünstigen wirtschaftlichen Bedingungen.

Die drei bezahlten einen Schleuser, der sie zusammen mit 116 weiteren Passagieren nach Italien bringen sollte. Die Gruppe verliess die Türkei am 16. Juni 2022. Nach zwei Tagen auf See riss das Segel und es trat Wasser ins Boot ein. Kein Schiff in der Umgebung kam dem Segelboot zu Hilfe. Erst um 1 Uhr morgens traf schliesslich, nach Alarmierung durch die Menschen an Bord, die Küstenwache ein. Diese begann das Schiff abzuschleppen und steuerte es in Richtung der Insel "Agios Georgios Baos". Doch das Seil riss, das Boot trieb erneut ab, lief schliesslich in einer felsigen Gegend der Insel auf Grund und zerbrach in zwei Teile. An der Rettungsaktion waren drei Patrouillenboote, Schlepper, Privatboote und Flugzeuge beteiligt. Keiner der Überlebenden trug Schwimmwesten, und das Segelboot verfügte über keinerlei Rettungsausrüstung. 108 Menschen wurden gerettet, doch acht Personen, darunter drei Minderjährige, ertranken. In ihren Aussagen konnten die Küstenwachebeamten nicht erklären, warum sie das Segelschiff ostwärts schleppte, anstatt die Gruppe zu retten und in einen sicheren Hafen zu bringen. Das Human Rights Legal Project vermutet, dass die Küstenwache versucht hat, die Gruppe in die Türkei zurückzuschieben.

Im Juni 2022 wurden H., B. und K. verhaftet obwohl der tatsächliche Kapitän des Schiffes sowie sein Assistent von den anderen Passagieren namentlich benannt wurden. Es gab keine Ermittlungen in diese Richtung. Die Angeklagten befinden sich seit Juni 2022 aufgrund eines anfänglichen vorläufigen Haftbefehls im Gefängnis von Chios.

Verfahren

Die Beschuldigten sind nach Artikel 30 Absatz 1 d) des Gesetzes 4251/2014 (sog. "Anti-Immigrationsgesetz") angeklagt. Ihnen wird vorgeworfen, die "illegale Beförderung von Drittstaatsangehörigen nach Griechenland zum Zweck der Gewinnerzielung unter gefährlichen Bedingungen, die zum Tod von acht Menschen führten", begangen zu haben. Nach Artikel 4251/2014 Absatz 1 drohen den Angeklagten lebenslange Freiheitsstrafen sowie Geldstrafen von mindestens 700.000 Euro für jede beförderte Person an Bord.

Der Fall wurde am 15. Dezember 2022 in erster Instanz vom Berufungsgericht der Ägäis in Syros verhandelt. Während der Verhandlung beantragten die Anwält*innen von HRLP eine Änderung der Anklage: von der "Beförderung, aus der eine Gefahr für Menschen entstehen konnte und bei der ein Todesfall eingetreten ist" hin zur "Erleichterung der Einreise" nach Artikel 29 Absatz 5, wonach "wer die Einreise von Drittstaatsangehörigen, die kein Einreiserecht besitzen, unter Umgehung der vorgesehenen Kontrollen erleichtert, mit einer Freiheitsstrafe von bis zu 10 Jahren bestraft wird". Auf Grundlage dieser Argumentation und unter Berücksichtigung eines mildernden Umstands erliess das Gericht das Urteil Nr. 77/2022. Es akzeptierte die Argumentation und verurteilte jeden der Angeklagten zu fünf Jahren und einem Monat Freiheitsstrafe.

Die Angeklagten haben gegen das Urteil Nr. 77/2022 des erneut Berufung eingelegt. Die Berufungsverhandlung war am 8. Februar 2024. 

Die Anwält*innen von HRLP hofften, entweder einen Freispruch oder eine weitere Strafminderung zu erreichen, die zur Freilassung der Angeklagten führen könnte. Sie wollen dazu einen weiteren mildernden Umstand vorbringen, der auf der Unschuld der Angeklagten und ihrem guten Verhalten in Haft basiert.

Artikel aus den lokalen Medien über den Schiffbruch: cyclades24.gr

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