Vernehmlassung 2024/24 zur Revision der Verordnung über die Berichterstattung über Klimabelange
hier finden Sie die eingereichte Vernehmlassung als pdf
Gerne nutzen die Demokratischen Jurist*innen Schweiz (DJS) die Gelegenheit zur Stellungnahme betreffend Revision der Verordnung über die Berichterstattung über Klimabelange. Die Vernehmlassung deckt sich mit der Vernehmlassungen der Koalition für Konzernverantwortung, welche wir vollumfänglich unterstützen und auf welche wir verweisen.
1. Einleitung
Die Demokratischen Jurist*innen Schweiz unterstützen das Anliegen des Bundesrates, im Bereich der Klimaberichterstattung international abgestimmt vorzugehen. Wir begrüssen, dass die Vorgaben zur Klimaberichterstattung im OR mit dieser Vorlage präzisiert und an die internationale Entwicklung angepasst werden sollen. Nur so werden die Transparenz und Vergleichbarkeit der Berichte erhöht. Auf folgende Anpassungen möchten wir detaillierter eingehen:
2. Doppelte Materialität als Voraussetzung für empfohlene Standards
Wir begrüssen, dass der Bundesrat die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) als Standard vorschlägt. Aufgrund der Wichtigkeit der EU als Werte- und Wirtschaftspartnerin sollten diese Standards als erste Wahl in die Verordnung gesetzt werden. Auch die weiteren zugelassenen Standards sollten zwingend den Anforderungen der doppelten Materialität gerecht werden. Im Zentrum der Klimaberichterstattung müssen die Auswirkungen der Geschäftstätigkeit auf die Umwelt und die Gesellschaft stehen - eine isolierte Betrachtung der Auswirkungen von externen Faktoren auf die Rentabilität des Unternehmens entspricht nicht Sinn und Zweck der Gesetzgebung. Die doppelte Materialität ist bei dem im erläuternden Bericht beschriebenen Standard ISSB nicht gegeben. Damit schlägt der Bundesrat einen Standard vor, welcher die Anforderungen an die Berichterstattung nicht erfüllt - dies ist verwirrend und für Unternehmen gar irreführend. Für die garantierte Einhaltung der doppelten Materialität fordern wir, dass nur Standards empfohlen werden, welche diese auch erfüllen. Die Ergänzung des Begriffs «gleichwertig» soll diese Klärung bringen. Weiter fordert die Koalition die Nutzung des Begriffs «Transitionsplan» anstelle von «Fahrplan», um bei einer klaren und im internationalen Finanzsystem üblichen Terminologie zu bleiben.
Vorschlag DJS: Art. 3 Abs. 1 Die Berichterstattung über Klimabelange stützt sich entweder auf den in der Europäischen Union verwendeten oder einen gleichwertigen, international anerkannten oder auf den in der Europäischen Union verwendeten Standard für die Nachhaltigkeitsberichterstattung und enthält einen Fahrplan Transitionsplan gemäss Absatz 3. |
3. Transitionspläne: Scope 3 Emissionen essenziell
Im neuen Art. 3 Abs. 3 werden die Anforderungen an die Transitionspläne der Realwirtschaft nicht ausgeführt, sondern es wird dafür auf das KIG verwiesen. Das KIG bezieht sich grundsätzlich auf Scope 1 und 2 Emissionen. Scope 3 Emissionen können gemäss KIV Art. 5 zwar in den Transitionsplänen auch einbezogen werden (was der Bundesrat auch empfiehlt), dies wird den Unternehmen gemäss KIV aber freigestellt.
Scope 3 Emissionen machen in der Realwirtschaft aber oft einen grossen Anteil der Ausstösse von Schadstoffen aus. Je nach Kategorisierung der jeweiligen Scope 3 Emissionen (vgl. Anhang 1 KIV) haben die Unternehmen durchaus relevanten Einfluss auf ihre Scope 3 Emissionen und müssen diesen nutzen. Nur so wird das volle Klimaschutzpotenzial ausgenutzt. Sowohl die Finanz- als auch die Realwirtschaft müssen daher verpflichtet werden, Scope 3 Emissionen nicht nur zu messen, sondern in der Festlegung der Transitionspläne zu berücksichtigen. Dies entspricht auch der Praxis internationaler Standards und Initiativen, wie beispielsweise der Science Based Targets Initiative, der sich auch viele Schweizer Unternehmen bereits heute angeschlossen haben.
Im erläuternden Bericht zur vorliegenden Vernehmlassung steht zwar, dass der Transitionsplan auch sogenannte «Scope 3 Emissionen» berücksichtigen müsse. Allerdings ist nicht ganz klar, ob sich diese Aussage nur auf die Finanz- oder auch auf die Realwirtschaft bezieht. Zur Klarstellung schlagen wir deshalb folgende Ergänzung vor:
Vorschlag DJS: Art. 3 Abs. 3 lit. b Ziff. 2 für die übrigen Unternehmen die Mindestanforderungen an Transitionspläne Fahrpläne gemäss Artikel 5 KIG und Artikel 5-8 3-7 der Verordnung zum Bundesgesetz über die Ziele im Klimaschutz, die Innovation und die Stärkung der Energiesicherheit erfüllt. Die Transitionspläne haben auch die relevanten vor- und nachgelagerten Emissionen zu berücksichtigen. |
4. Aussagekräftiger Mix aus quantitativen und qualitativen Metriken
Eine aussagekräftige Klimaberichterstattung basiert auf einem ausgewogenen Mix aus quantitativen und qualitativen Metriken. Während ein quantitativer Ansatz auf messbare, numerische Datenpunkte fokussiert (z.B. Treibhausgasemissionen in CO2eq), sind qualitative Messgrössen besser geeignet, um der Berichterstattung die nötige inhaltliche Tiefe zu geben, indem sie nuancierte Aussagen erlauben und die quantitativen Daten in einen grösseren Kontext stellen. Wir plädieren entsprechend dafür, neben der quantitativen Form explizit auch qualitative Aussagen einzufordern bzw. zuzulassen. Im erläuternden Bericht ist zu präzisieren, welcher der beiden Ansätze sich für welchen Zweck am besten eignet.
Vorschlag DJS: Art. 3 Abs. 2 Die Berichterstattung umfasst, soweit dies möglich und sachgerecht ist, Angaben in quantitativer und, wo möglich und sachgerecht, in qualitativer Form sowie die Offenlegung der für die Aussagekraft und Vergleichbarkeit wesentlichen Grundannahmen, Abhängigkeiten und verwendeten Methoden und Standards. |
5. Es braucht Zwischenziele und eine periodische Aktualisierung
Ein kontinuierlicher Absenkungspfad ist die Voraussetzung für eine wirkungsvolle Transition und das Erreichen des Netto-Null-Ziels bis 2050. Die im KIG festgeschriebenen Zwischenziele für das Jahr 2040 sowie für die Perioden 2031- 2040 sowie 2041-2050 sind dafür in der Verordnung zu referenzieren, damit die Transitionspläne auf der gesamten Planungsachse mit dem Zielpfad zur Reduktion der Treibhausgasemissionen gemäss Klimaschutzgesetz vereinbar sind.
Vorschlag DJS: Art. 3 Abs. 3 li. a mit den Schweizer Klimazielen gemäss Artikel 3 des Bundesgesetzes über die Ziele im Klimaschutz, die Innovation und die Stärkung der Energiesicherheit vom 30. September 2022 (KIG) und den darin festgelegten Zwischenzielen vereinbar ist; |
Der Vorschlag des Bundesrats sieht keine regelmässige Aktualisierung der Berichte mehr vor, was ein Rückschritt wäre. So könnte schlechter nachvollzogen werden, ob die Unternehmen den Transitionsplänen nachkommen, oder nicht. In der Verordnung soll deshalb eine periodische Aktualisierung auch unter den neuen Standards vorgesehen werden.
Vorschlag DJS: Art. 3 Abs. 1 Der Bericht über Klimabelange nach Artikel 3, einschliesslich des Transitionsplans Fahrplans, ist im Bericht über nichtfinanzielle Belange nach den Artikeln 964a-964c OR zu veröffentlichen und periodisch zu aktualisieren. |
Für weitere Anmerkungen zu den Anforderungen an die Transitionspläne der Unternehmen der Finanzbranche verweisen wir gerne auf die Stellungnahme des WWF.