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Vernehmlassung 2025/7 Verordnungsanpassungen auf-grund der Übernahme des EU-Migrations- und Asylpakts

hier finden Sie die eingereichte Vernehmlassung als pdf

Die Vernehmlassung deckt sich mit der Vernehmlassungen des Bündnisses unabhängige Rechtsarbeit im Asylbereich. In diesem Zusammenhang haben wir bereits am 13. November 2024 betreffend der Übernahme und Umsetzung der Rechtsgrundlagen zum EU-Migrations- und Asylpakts (Vernehmlassung 2024/46) Stellung genommen.

1 Ausgangslage

Mit der Genehmigung der Bundesbeschlüsse zur Übernahme und Umsetzung des EU-Migrations- und Asylpakts hat sich das Parlament vom 26. September 2025 für eine Beteiligung der Schweiz am reformierten Gemeinsamen Europäischen Asylsystems ausgesprochen. Die Schweiz übernimmt damit zentrale Teile einer historischen Reform, die einseitig auf Abschottung, Inhaftierung und Entrechtung setzt. Gefängnisähnliche Lager an den EU-Aussengrenzen, Ausschaffungen in unsichere Drittstaaten und massenhafte Datenerfassung – all das wird nun mit Schweizer Zustimmung Realität. Mit diesem Entscheid übernimmt die Schweiz fast ausschliesslich repressive Elemente des Pakts. Schon jetzt profitiert sie wie kein anderes Land von diesem System, das Geflüchtete entrechtet und ihre Würde missachtet. Künftig kann sie Geflüchtete wieder bzw. noch leichter nach Italien, Kroatien oder Griechenland ausschaffen, während andere bis zu drei Jahre auf eine Prüfung ihres Asylgesuchs in der Schweiz warten müssen. Der Schutz von Menschen auf der Flucht, eine Orientierung an den Menschenrechten sowie die Einhaltung der völkerrechtlichen Verpflichtungen (insbesondere der Genfer Flüchtlingskonvention, der Europäischen Menschenrechtskonvention sowie der Kinderrechtskonvention) drohen dabei auf der Strecke zu bleiben.

Vor diesem Hintergrund fordern die Demokratischen Jurist*innen Schweiz, dass der Bundesrat auf Ebene der Verordnungsanpassungen weiterhin bestehende Spielräume nutzt und sich dabei stets von den Interessen der Schutzsuchenden leiten lässt. Insbesondere sollte die Schweiz ihr Recht auf Dublin-Selbsteintritte konsequent ausschöpfen – etwa für unbegleitete minderjährige Asylsuchende, kranke Menschen, Familien mit Kindern und Menschen, die im Herkunftsland oder auf der Flucht geschlechtsspezifische oder sexualisierte Gewalt erleben mussten. Insgesamt verlangen die Demokratischen Jurist*innen Schweiz vom Bundesrat:

  • eine verbindliche Regelung der Selbsteintritte in Dublin-/AMM-VO-Verfahren;
  • einen restriktiven Einsatz der Verlängerung der Überstellungsfristen;
  • eine Stärkung des Kindeswohls und der Familieneinheit;
  • eine Stärkung des Datenschutzes im Bereich biometrischer Daten;
  • einen Einbezug der Überprüfungsphase in den Rahmen der unentgeltlichen Rechtsvertretung.

2 Verordnungsanpassungen zur Umsetzung der Asyl- und Migrationsmanagement-Verordnung (AMM-VO)

Mit der Verordnung (EU) 2024/1351 («Asyl- und Migrationsmanagement-Verordnung», AMM-VO) werden die Zuständigkeitskriterien und das Verfahren zur Bestimmung des für ein Asylgesuch zuständigen Staates neu geregelt. Sie ersetzt das bisherige Dublin-System, hält jedoch an den grundlegenden Regelungen, wie etwa dem Verantwortungsprinzip und der grundsätzlichen Zuständigkeit des Ersteinreisestaates, fest. Die systemischen Probleme des Dublin-Systems werden damit nicht gelöst, sondern weiter verschärft, beispielsweise durch die Verlängerung von Überstellungsfristen, die Ermöglichung von Dublin-Überstellungen von unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden (UMAs) oder die Ausweitung der Dublin-Haftgründe. Die Änderungen durch die AMM-VO sind für die Asylsuchenden fast durchgehend negativer Natur und führen zum Teil zu erheblichen Nachteilen gegenüber der derzeitigen Situation. Gleichzeitig soll ein neuer Solidaritätsmechanismus zu einer gerechteren «Verteilung» Asylsuchender auf die Mitgliedstaaten beitragen. Dieser sieht jedoch keine verbindliche Übernahme Asylsuchender vor, sondern eröffnet die Möglichkeit eines Freikaufens von der Verantwortung, wobei die so generierten finanziellen Mittel zur weiteren Abschottung Europas an den Aussengrenzen beitragen. Die AMM-VO bietet der Schweiz neue Möglichkeiten, die bereits bestehende Externalisierungsdynamik der Asylpolitik an die europäischen Aussengrenzen weiter zu verstärken und zu zementieren. Die Schweiz ist seit Jahren Europameisterin bei den Netto-Dublin-Überstellungen und die vorliegende Reform erlaubt es den Behörden, diese Position weiter zu festigen und sich noch stärker gegenüber den Aussengrenzregionen zu entsolidarisieren. Gleichzeitig reduziert die Reform erneut den Handlungsspielraum der flüchtenden Personen und führt zu einer weiteren Aushöhlung ihrer Grundrechte. Die Schweiz hat sich zwar dazu verpflichtet, die Bestimmungen als Weiterentwicklung des Dublin-Besitzstands zu übernehmen. Die AMM-VO bietet jedoch an vielen Stellen Spielräume, die auch auf Verordnungsebene geprüft und genutzt werden müssen, soweit sie nicht über die Entscheide des nationalen Gesetzgebers hinausgehen. Die Demokratischen Jurist*innen Schweiz vertritt daher den Standpunkt, dass die Schweiz da, wo ihr Ermessen und Interpretationsmöglichkeiten zustehen, diese zugunsten der europäischen Solidarität für die Asylsuchenden und im Sinne des Respekts der Menschenwürde und der Grundrechte nutzen sollte – auch auf Verordnungsebene.

2.1 Kriterienkatalog für Selbsteintritte

Mit der AMM-VO werden die Kriterien für die Zuständigkeit eines Mitgliedstaates dahingehend verschärft, dass der Ersteinreisestaat im Ergebnis in viel mehr Fällen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig sein wird. Dies ergibt sich etwa daraus, dass unbegleitete Minderjährige grundsätzlich in den nach den Kriterien zuständigen Staat überstellt werden können, «sofern dies dem Kindeswohl dient». Mit diesen Regelungen wird der Schutz von Familien und unbegleiteten Minderjährigen abgebaut, wodurch bewusst von einer kindeswohlzentrierten Praxis abgewichen wird und eine Abkehr von der EuGH-Rechtsprechung erfolgt, wonach UMAs aufgrund des Kindeswohl-Prinzips grundsätzlich nicht überstellt werden dürfen: Die bisherige Regelung von Art. 8 (4) Dublin-III-VO gründete auf einem Urteil des EuGH, wonach unbegleitete Minderjährige eine Kategorie besonders gefährdeter Personen bilden und es entsprechend wichtig ist, dass sich das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats nicht länger als unbedingt nötig hinzieht. Das bedeutet aus unserer Sicht, dass unbegleitete Minderjährige grundsätzlich nicht in einen anderen Mitgliedstaat zu überstellen sind. Auch die Änderung der Verfahrensregeln, wie etwa die Verkürzung von Fristen bei Aufnahme- Und Wiederaufnahmeersuchen oder die Änderung des Wiederaufnahmegesuchs in eine Wiederaufnahmemitteilung (Art. 41 Abs. 1 AMM-VO) wird laut ECRE zu einer noch höheren Zuständigkeitsquote der Aussengrenzstaaten führen und Familienzusammenführungen aufgrund der kurzen Fristen erschweren. Zudem prognostiziert ECRE vermehrte Konflikte unter den Mitgliedstaaten aufgrund einer Verringerung der Möglichkeiten des angefragten Mitgliedstaates, eine Wiederaufnahmemitteilung anzufechten (ECRE Comments on AMMR, Mai 2024, S. 4, 41-43). In der Konsequenz wird dies zu einer weiteren Überforderung der Asylsysteme der Aussengrenzstaaten beitragen und zu noch mehr Leid an den europäischen Aussengrenzen führen. Um unmenschliche Schicksale zu verhindern, kann der prüfende Staat Selbsteintritte vornehmen. Sowohl die aktuell noch geltende Dublin-III-Verordnung als auch die neue AMM-VO sehen die Möglichkeit vor, Asylgesuche im nationalen Verfahren zu prüfen, selbst wenn gemäss den Bestimmungen ein anderer Staat für diese Prüfung zuständig wäre. Dieser sogenannte Selbsteintritt ist zentral für eine an der humanitären Tradition der Schweiz orientierte Umsetzung des Asylpaktes. Wir fordern daher, auf Verordnungsebene einen verbindlichen Kriterienkatalog festzuschreiben, nach welchem die Schweiz zwingend Selbsteintritte vornimmt. Ein solcher Kriterienkatalog wäre nicht als abschliessend anzusehen, sodass humanitäre Selbsteintritte auch im Einzelfall möglich wären, selbst wenn die Kriterien nicht erfüllt sind.

Zwingende Selbsteintritte sollten insbesondere erfolgen:

  1. Wenn es sich um eine unbegleitete minderjährige Person handelt, die keine Familienangehörige, Geschwister oder Verwandte in anderen Mitgliedstaaten hat.
  2. Wenn absehbar ist, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung keine Überstellung innerhalb der nächsten sechs Monate möglich ist, weil systemische Mängel im Zielstaat bestehen, dieser einen Aufnahmestopp verfügt hat oder unter Migrationsdruck steht.
  3. Bei Anwendung der Verordnung (EU) 2024/1359 im zuständigen Mitgliedstaat.
  4. Wenn eine Person krank und absehbar auf eine Behandlung angewiesen ist, die länger als die für die Überstellung grundsätzlich vorgesehenen sechs Monate dauert.
  5. Wenn eine Überstellung den Gesundheitszustand einer Person verschlechtern würde.
  6. Wenn das in der Verordnung (EU) 2024/1351 geregelte administrative Zuständigkeitsverfahren von der asylsuchenden Person unverschuldet länger als 12 Monate dauert.
  7. Wenn sich eine verwandte Person, zu der ein nahes Verhältnis besteht, in der Schweiz befindet und sie die asylsuchende Person im Falle einer Statusgewährung bei der Integration unterstützen kann und will.
  8. Wenn Gründe für eine Familienzusammenführung bestehen.
  9. Wenn die asylsuchende Person im Herkunftsland oder auf der Flucht geschlechtsspezifische oder sexualisierte Gewalt erlitten hat.
  10. Wir empfehlen, diesen verbindlichen Kriterienkatalog wörtlich in die Asylverordnung aufzunehmen (z. B. als Art. 29a Abs. 3bis AsylV 1), damit die Schweiz in der Praxis rechtssicher, transparent und grundrechtskonform agieren kann.

2.2 Verlängerung der Überstellungsfristen

Die AMM-VO verlängert die Überstellungsfristen teils erheblich – gemäss Art. 46 Abs. 2 AMM-VO neu auf maximal drei Jahre. Gleichzeitig weitet sie auch die Gründe aus, die zu einer Verlängerung der Fristen führen können. So wird die Überstellungsfrist nicht nur verlängert, wenn die gesuchstellende Person untergetaucht ist, sondern auch, wenn sie sich der Überstellung körperlich widersetzt, sich vorsätzlich für die Überstellung untauglich macht oder die für die Überstellung erforderlichen medizinischen Anforderungen nicht erfüllt. Insbesondere letzteres Kriterium kann zu Situationen führen, in denen insbesondere schwer kranke asylsuchende Personen unverschuldet in einem jahrelangen Schwebezustand gehalten werden.

Eine Verlängerung der Überstellungsfrist von 6 Monaten auf maximal 36 Monate ist aus unserer Sicht völlig unverhältnismässig und führt zu gravierenden Folgen für die Betroffenen. Sie führt zu psychischen Belastungen und kann Depressionen, Angststörungen und Retraumatisierungen auslösen; sie erschwert die Integration und verhindert z.B. einen frühzeitigen Zugang zum Arbeitsmarkt; sie gefährdet das Familienleben durch lange Trennungen von Angehörigen; und sie erschwert spätere Verfahren, da die Beschaffung von Unterlagen und Beweisen für die Asylgründe umso schwieriger werden, je länger die konkrete Flucht zurückliegt. Die teils unklaren Tatbestände für die Verlängerungen («Untertauchen», «körperliches Widersetzen», «Untauglichmachen», «medizinische Anforderungen») bergen zudem die Gefahr mangelnder Rechtssicherheit.

Wir fordern daher:

a. Bei Krankheit konsequent Selbsteintritte vorzunehmen, anstatt die Überstellungsfrist auf drei Jahre auszudehnen.

Die Schweiz ist gehalten, die Ausnahmeregelung des Art. 46 (2) AMM-VO restriktiv anzuwenden. Insbesondere der neue Grund für die Verlängerung der Überstellungsfrist, wenn die betroffene Person «die medizinischen Anforderungen für die Überstellung nicht erfüllt», darf nur äusserst restriktiv Anwendung finden. Spital-Aufenthalte und gesundheitliche Probleme dürfen nicht zur Verlängerung der Überstellungsfrist und dem damit einhergehenden Ausschluss vom Asylverfahren führen. Es muss sichergestellt werden, dass sich schwerkranke Personen weiterhin in eine stationäre Behandlung begeben können, ohne dass sie mit einer Verlängerung der Überstellungsfrist rechnen müssen - alles andere würde zu einer unverhältnismässigen Einschränkung des Rechts auf Zugang zu medizinischer Versorgung führen, weil sich Asylsuchende aus Angst vor der Verlängerung der Überstellungsfrist nicht in medizinische Behandlung geben könnten. Bereits heute ist der Zugang zu medizinischer Versorgung für Asylsuchende mit vielen Hürden verbunden. Die Schweiz muss in diesen Fällen vom Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen, um eine weitere psychische Belastung und Verschlechterung des Gesundheitszustandes der betroffenen Personen zu verhindern (vgl. hierzu auch oben unter Kap. 2.1).

Gleichzeitig führt die Verlängerung der Überstellungsfrist auf drei Jahre auch in allen anderen Fällen zu einer massiven Belastung der Betroffenen. Angesichts der erheblichen Entrechtung, die mit der Verlängerung der Überstellungsfrist einhergeht, darf davon nur sehr restriktiv Gebrauch gemacht werden – zumal sie eine Ausnahme sowie auch eine Maximal-Frist in der AMM-VO darstellt. Es ist ohne weiteres möglich, auch eine kürzere Frist vorzusehen. So wird auch im Erwägungsgrund (23) der Aufnahmerichtlinie auf die erheblichen Konsequenzen, die mit der Einstufung als «flüchtig» einhergehen, hingewiesen und Folgendes vorgeschrieben:

«In Anbetracht der schwerwiegenden Folgen für Antragsteller, die flüchtig sind oder bei denen davon ausgegangen wird, dass Fluchtgefahr besteht, sollte der Begriff ‹Flucht› dahin gehend definiert werden, dass darunter sowohl eine vorsätzliche Handlung als auch der tatsächliche, nicht außerhalb des Einflussbereichs des Antragstellers liegende Umstand zu verstehen sind, dass sich der Antragsteller den zuständigen Verwaltungs- oder Justizbehörden nicht zur Verfügung hält, beispielsweise indem er das Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats, in dem er sich aufzuhalten hat, verlässt.»[1]

Die Einstufung einer gesuchstellenden Person als «flüchtig» setzt daher weiterhin entsprechend der Jawo-Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 19. März 2019, C-163/17) voraus, dass eine vorsätzliche Handlung der betroffenen Person vorliegt, die nicht ausserhalb ihres Einflussbereichs liegen darf. Im Falle von Krankheit ist nie von einer vorsätzlichen Handlung auszugehen, liegt die Erkrankung doch jeweils ausserhalb des Einflussbereichs einer betroffenen Person, weshalb von der Verlängerung der Überstellungsfrist in diesen Fällen stets abzusehen ist. Entsprechendes ist in der AsylV 1 zu regeln.

b. Konsequente Beachtung der EuGH-Rechtsprechung bei der Auslegung des Kriteriums des Untertauchens.

Es wäre weiter zu regeln, welche Voraussetzungen für die Verlängerung einer Überstellungsfrist auf nationaler Ebene gegeben sein müssen. So wäre insbesondere weiterhin an die EuGH-Rechtsprechung anzuknüpfen, wonach Absicht hinsichtlich der Verhinderung der Überstellung vorliegen muss. Ebenfalls ist es aus unserer Sicht angemessen, sich für die Ausgestaltung an der Rechtsprechung des deutschen Bundesverwaltungsgerichts zur Verlängerung der Überstellungsfrist nach der Dublin-III-VO gemäss Urteil vom 17.08.2021 (BVerwG (1. Senat), Urt. V. 17.08.2021 – 1 C 51.20, https://www.bverwg.de/170821U1C1.21.0) zu orientieren. Es ist im Sinne der einheitlichen Anwendung der AMM-VO die Rechtsprechung anderer Mitgliedsstaaten zur Auslegung des Begriffs des «Flüchtigseins» zu beachten. Die AMM-VO muss einheitlich ausgelegt werden, um eine Zersplitterung des Rechts zu vermeiden und einheitliche Rechtsstandards zu setzen.

In die AsylV 1 sollten daher folgende, vom EuGH und vom deutschen Bundesverwaltungsgericht entwickelten Grundsätze aufgenommen werden:

  1. Im Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 19. März 2019, C-163/17, Abubacarr Jawo/Bundesrepublik Deutschland, erklärte dieser, dass Art. 29 Abs. 2 Satz 2 der Dublin-III-VO dahingehend auszulegen sei, dass ein Antragsteller «flüchtig» im Sinne dieser Bestimmung ist, wenn er sich den für die Durchführung seiner Überstellung zuständigen nationalen Behörden gezielt entzieht, um die Überstellung zu vereiteln (Rn. 70). Gemäss dem Urteil müssen in einer Situation, in der die Überstellung nicht durchgeführt werden kann, weil die betreffende Person die ihr zugewiesene Wohnung verlassen hat, ohne die zuständigen Behörden über ihre Abwesenheit zu informieren, diese Behörden beweisen, dass die Person tatsächlich beabsichtigte, sich ihnen zu entziehen, um ihre Überstellung zu vereiteln (Rz. 57, 70).
  1. Nach der oben erwähnten Rechtsprechung des deutschen Bundesverwaltungsgerichts darf eine Verlängerung der Überstellungsfrist nur unter strengen Massstäben stattfinden (Rn. 22):

«Entgegen der Auffassung der Beklagten genügt für ein kausales Sichentziehen nicht jedes sich irgendwie nachteilig auf die Durchführbarkeit einer angesetzten Überstellung auswirkende Verhalten des Betroffenen bzw. jedwede vorübergehende Verunmöglichung einer Überstellung. Insbesondere entzieht sich ein Ausländer jedenfalls bei einer zwangsweisen Überstellung regelmässig nicht allein durch ein passives – wenn auch möglicherweise pflichtwidriges – Verhalten (objektiv) dem staatlichen Zugriff. Ist der Vollzugsbehörde der Aufenthalt des Betroffenen bekannt, kann sie eine zwangsweise Überstellung durchführen. Die durch die Abschiebungsanordnung begründete gesetzliche Ausreisepflicht (§ 50 AufenthG i.V.m. § 67 Abs. 1 Nr. 5 und § 34a Abs. 2 Satz 4 AsylG) beinhaltet keine Verpflichtung zur aktiven Mitwirkung an der eigenen Überstellung. Der Ausreisepflichtige kann selbst entscheiden, ob er an einer ihm angebotenen kontrollierten Überstellung mitwirkt oder nicht. Verweigert er seine Mitwirkung, bedarf es einer begleiteten Überstellung, die er passiv dulden muss. Allein der Umstand, dass sich wegen der fehlenden Mitwirkung bzw. Kooperation des Betroffenen, der für eine zwangsweise Überstellung erforderliche Aufwand für die Vollzugsbehörde erhöht und sein Verhalten möglicherweise zu einer Verzögerung führt, weil die Vollzugsbehörde keine Vorsorge für eine begleitete Überstellung getroffen hat, stellt objektiv kein Sichentziehen dar. Der Aufenthalt des Betroffenen ist der Behörde bekannt, und eine Überstellung könnte unter Anwendung unmittelbaren Zwangs jederzeit durchgeführt werden. Damit fehlt es (objektiv) an einem Sichentziehen. Dass der Betroffene (subjektiv) regelmässig in der Absicht handeln dürfte, eine Überstellung zu vereiteln, genügt nicht. Eine Verlängerungsmöglichkeit allein wegen fehlender Mitwirkung des Betroffenen widerspräche nicht nur dem mit den Dublin-Bestimmungen und speziell mit Art. 29 Abs. 1 und 2 Dublin III-VO verfolgten Beschleunigungszwecks (vgl. EuGH, Urteil vom 19. März 2019 - C-163/17, Jawo - Rn. 57 f.), sondern angesichts der erheblichen Folgen, die eine Verlängerung der Überstellungsfrist für den Betroffenen zeitigt, auch dem Ausnahmecharakter des Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO (Schlussanträge des Generalanwalts Wathelet vom 25. Juli 2018 - C-163/17 - Rn. 59). Folglich reicht bei einem den zuständigen Behörden bekannten Aufenthalt des Antragstellers grundsätzlich weder dessen Flugunwilligkeit, ein Aufenthalt im offenen Kirchenasyl (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Januar 2021 - 1 C 42.20 - NVwZ 2021, 875 Rn. 26 m.w.N.), ein einmaliges Nichtantreffen in der Wohnung oder Unterkunft noch das Nichtbefolgen einer Selbstgestellungsaufforderung für die Annahme, er sei im unionsrechtlichen Sinne flüchtig. Letztere dient lediglich der Erleichterung einer – im nationalen Recht regelmässig vorgeschriebenen – Überstellung mit Verwaltungszwang, in dem sie der Vollzugsbehörde eine zwangsweise Abholung des Ausländers in seiner Unterkunft oder Wohnung erspart. Kommt der Ausländer einer Aufforderung zur Selbstgestellung nicht nach, entzieht er sich damit (objektiv) nicht dem staatlichen Zugriff.» (Rn. 22).

Wir fordern, diese Kriterien in der AsylV 1 aufzunehmen und insbesondere festzuhalten, dass eine Verlängerung der Überstellungsfrist nicht erfolgen darf, weil die betreffende Person einen freiwilligen Flug nicht angetreten hat oder nicht genügend mitgewirkt hat. Weder Flugunwilligkeit noch ein einmaliges Nichtantreffen in der Unterkunft oder das Nichtantreten eines Fluges (ohne Widerstand zu leisten) darf zur Verlängerung der Überstellungsfrist führen. Der Text der reformierten EU-Verordnung sieht dahingehend weder eine Änderung in Art. 2 Abs. 7 noch Art. 46 Abs. 2 AMM-VO vor. Entsprechend können die vom EuGH und dem deutschen Bundesverwaltungsgericht entwickelten Grundsätze weiterhin angewendet werden.

c. Verlängerung der Überstellungsfrist nur bei nachweisbar umfassender vorheriger Aufklärung über Kriterien zur Verlängerung der Überstellungsfrist.

Eine Verlängerung der Überstellungsfrist darf nur aus Gründen erfolgen, über die die betroffenen Personen nachweisbar und verständlich aufgeklärt worden sind. Da die Verlängerung der Überstellungsfrist mit umfangreichen Konsequenzen und Entrechtungen einhergeht, darf diese nur erfolgen, wenn die betreffende Person auch tatsächlich anders hätte handeln können und sich beim entsprechenden Handeln über die Konsequenzen bewusst war. Bisher ist es jedoch leider so, dass je nach Asylregion und Unterkunft unterschiedliche Regeln gelten. In der einen Region führen bestimmte Verhaltensweisen, wie das angekündigte Übernachten bei Familienmitgliedern, nicht zur Verlängerung der Überstellungsfrist, an anderen Orten schon. Dabei sind die Regelungen für die Betroffenen extrem undurchsichtig und sie verstehen häufig nicht, welches Verhalten zu einer Verlängerung der Überstellungsfrist führt oder nicht. Eine Verlängerung der Überstellungsfrist darf in der Konsequenz nur erfolgen, wenn die betroffene Person klar über die Kriterien und Gründe, welche zur Überstellungsfristverlängerung führen, aufgeklärt worden ist. Regelungen, die einer Person nie kommuniziert worden sind, kann diese naturgemäss nicht einhalten und dürfen nicht zur Verlängerung der Überstellungsfrist führen. Eine entsprechende Information an die asylsuchende Person muss dokumentiert und von der Behörde, welche die Überstellungsfrist verlängern will, nachgewiesen werden. Dies ergibt sich bereits aus Art. 19 Abs. 1 lit. n AMM-VO, sollte jedoch in der AsylV 1 konkretisiert werden.

d. Die Dauer der verlängerten Überstellungsfrist muss an eine Verhältnismässigkeitsprüfung geknüpft werden, welche im Entscheid über die Verlängerung begründet werden muss. Die drei Jahre entsprechen einer Maximalfrist, welche nicht pauschal und ohne Prüfung des Einzelfalls angewendet werden darf. Die Dauer der Verlängerung der Überstellungsfrist muss je nach Einzelfall geprüft und bemessen werden. Dabei sind insbesondere das Recht auf Familie und das Recht auf Gesundheit und medizinische Versorgung zu beachten.

Gemäss Art. 46 Abs. 2 AMM-VO kann die Überstellungsfrist auf «höchstens drei Jahre» verlängert werden. Damit gibt die AMM-VO eine Maximalgrenze vor, wobei die konkrete Dauer nach pflichtgemässem Ermessen zu bestimmen und hierfür das Verhältnismässigkeitsprinzip zu berücksichtigen ist. Dies ergibt sich auch aus dem Sinn und Zweck der Verordnung und in einer Zusammenschau der bisherigen Rechtsprechung des EuGH (bspw. Urteil des EuGH vom 12. Januar 2023 (C-323/21, C-324/21 und C-325/21, ECLI:EU:C:2023:4). Hiernach tragen die Überstellungsfristen entscheidend zur Verwirklichung des im fünften Erwägungsgrund der Dublin-III-VO bzw. (37) Erwägungsgrund der AMM-VO genannten Ziels einer zügigen Bearbeitung der Anträge auf internationalen Schutz bei. Die Überstellungsfristen gewährleisten, dass diese Verfahren ohne unberechtigte Verzögerung durchgeführt werden, und zeugen von der besonderen Bedeutung, die der Unionsgesetzgeber einer raschen Bestimmung des für die Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz zuständigen Mitgliedstaats beimisst. Der Unionsgesetzgeber sieht offensichtlich eine Dauer von drei Monaten (Art. 46 Abs. 2 Unterabsatz 2 AMM-VO) als ausreichend für die Organisation und Durchführung einer Überstellung im Dublin-Raum an. Wenn eine Verlängerung der Überstellungsfrist geprüft wird, sollte daher die dreimonatige Frist ab Wiederauftauchen der Person entsprechend Art. 46 Abs. 2 Unterabsatz 2 AMM-VO als Grundsatz gelten. Nur bei besonderen Ausnahmefällen darf eine verlängerte Überstellungsfrist auf über 12 Monate angewandt werden, etwa wenn die Person noch immer unauffindbar ist oder sich besonders renitent zeigte. Für Personen, die lediglich einmalig nicht in der Unterkunft waren oder aus gesundheitlichen Gründen nicht überstellt werden konnten, wäre eine Verlängerung der Überstellungsfrist um mehr als 3 Monate schlicht unverhältnismässig. Zusammenfassend muss in der AsylV1 konkretisiert werden, dass bei der Verlängerung der Überstellungsfrist zwingend eine Verhältnismässigkeitsprüfung hinsichtlich der Dauer zu erfolgen hat, wobei insbesondere das Beschleunigungsgebot sowie die medizinische und familiäre Situation der asylsuchenden Person berücksichtigt werden muss.

e. Information und Gewährung des rechtlichen Gehörs zur Verlängerung der Überstellungsfrist.

Da es sich bei der Verlängerung der Überstellungsfrist um eine erhebliche nachteilige Rechtsänderung für die asylsuchende Person handelt, muss zudem zwingend eine Information über die Verlängerung erfolgen und das rechtliche Gehör gewährt werden.

Sollte eine Überstellungsfristverlängerung im Raum stehen, so muss es die Möglichkeit geben, zuvor im Rahmen eines rechtlichen Gehörs gem. Art. 29 Abs. 2 BV Stellung zu nehmen und einen Rechtsbehelf einzulegen. Die betroffene Person muss somit umgehend Kenntnis von der Verlängerung der Überstellungsfrist erhalten. Die asylsuchenden Personen dürfen nicht im Glauben gelassen werden, dass die sechsmonatige Überstellungsfrist noch immer läuft, während diese bereits verlängert worden ist. Entsprechendes muss in der AsylV 1 geregelt werden.

2.3 Tonaufnahmen im Dublin-/AMM-VO-Verfahren

Artikel 22 AMM-VO regelt neu, dass von den bisher «Dublin-Befragung» genannten Anhörungen Tonaufnahmen vorgenommen werden müssen. Die Verwendung von Tonaufnahmen bei den Befragungen kann zur Verfahrenssicherheit beitragen, muss aber grund- und datenschutzrechtlich abgesichert sein. Insbesondere ist sicherzustellen, dass die Aufnahmen sicher und geschützt und nicht länger als für das Verfahren nötig aufbewahrt werden.

Wir weisen darauf hin, dass den Antragstellenden durch die Möglichkeit, auf Antrag auf eine Tonaufnahme zu verzichten, keine Nachteile erwachsen dürfen und dies insbesondere nicht als Verstoss gegen die Mitwirkungspflicht ausgelegt werden darf.

Darüber hinaus werfen die vorgeschlagenen Verordnungsanpassungen zu den Modalitäten der Tonaufnahme in Art. 11e E-AsylV 3 Fragen bezüglich des Zugangs zu den Aufzeichnungen für den Rechtsschutz auf. Der Zugang zur Tonaufzeichnung für die Betroffenen und die Rechtsvertretung sollte als Teil des Akteneinsichtsrechts gewährleistet sein. Die derzeit geplante Zugänglichmachung der Tonaufzeichnung nur in den Räumlichkeiten der zuständigen Behörde stellt in der Praxis eine Einschränkung dar, die eine Einsichtnahme in vielen Fällen unmöglich macht. So müssten ggf. Dolmetschende zur Einsichtnahme beigezogen werden und erhebliche Wege in Kauf genommen werden – dies ist während der ohnehin kurzen Beschwerdefrist und hohen Verfahrenstaktung nicht praktikabel.

Die derzeit geplante Ausgestaltung der Einsichtnahme in die Tonaufzeichnung hat daher lediglich symbolischen Charakter. Im Rahmen der Akteneinsicht – als Teil des verfassungsmässigen Anspruchs des rechtlichen Gehörs – sollte der Rechtsvertretung der Zugang zur Tonaufnahme der Dublin-Befragung automatisch zusammen mit der Akteneinsicht gewährt werden, indem die Tonaufnahme der Rechtsvertretung rechtzeitig vor Ablauf der Beschwerdefrist auf einem Tonträger analog oder allenfalls über eine sichere Cloud-Lösung digital zur Verfügung gestellt wird – auch ausserhalb der Räumlichkeiten der zuständigen Behörde.

Um eine Harmonisierung der innerstaatlichen Asylverfahren zu erreichen, sollten zudem neu auch Tonaufzeichnungen der Asylanhörung gem. Art. 29 AsylG vorgesehen werden, ausser dies wäre gegen den expliziten Willen der gesuchstellenden Person. Da die technischen Voraussetzungen für Tonbandaufzeichnungen ohnehin geschaffen werden müssen, wären damit auch keine Zusatzausgaben verbunden.

2.4 Familie und Familienzusammenführung

Die Demokratischen Jurist*innen Schweiz begrüssen, dass die AMM-VO den Begriff «Familienangehörige» auch auf Familien ausweitet, die ausserhalb des Herkunftsstaats gegründet wurden. Sie weisen jedoch darauf hin, dass Familien, die erst nach der Ankunft in der Schweiz gegründet wurden, weiterhin nicht berücksichtigt werden. Nach Art. 8 EMRK kann die Schweiz in einzelnen Fällen jedoch verpflichtet sein, auch diese Fälle zu prüfen.

Zudem bestehen in der Praxis erhebliche Beweisprobleme für die Familieneinheit:

  • Dokumente sind in Kriegs- und Krisensituationen oft nicht beschaffbar;
  • DNA-Tests werden regelmässig unverhältnismässigerweise verlangt, obwohl auch andere Indizien (Fotos, Kontakte, Zeugenaussagen) ausreichen würden.

Die Demokratischen Jurist*innen Schweiz empfehlen daher, die Beweisregeln explizit zu präzisieren und verhältnismässig auszugestalten, um die Familieneinheit wirksam zu schützen.

2.5 Vertrauensperson für unbegleitete Minderjährige

Die Demokratischen Jurist*innen Schweiz betonen, dass das Kindeswohl (Art. 3 KRK) oberste Priorität haben muss. Vertrauenspersonen sind für unbegleitete Minderjährige in Dublin-/AMM-VO-Verfahren essenziell. Ihre Aufgaben umfassen insbesondere:

  • Begleitung zu Anhörungen;
  • kindgerechte Erklärung der Verfahren;
  • Vertretung der Interessen gegenüber Behörden;
  • Schutz vor Willkür und Überforderung.

Die Demokratischen Jurist*innen Schweiz empfehlen, diese Aufgaben explizit in der VZAE zu verankern und die nötigen Qualifikationen klar zu definieren.

2.6 Fazit zu den Empfehlungen zur Asyl- und Migrationsmanagement-Verordnung

Die AMM-VO ist ein zentrales Element des europäischen Migrations- und Asylsystems. Die Demokratischen Jurist*innen Schweiz anerkennen den Nutzen einheitlicher Verfahren, betonen jedoch, dass die Umsetzung in der Schweiz grund- und menschenrechtlich abgesichert werden muss und die Schweiz die ihr verbleibenden Spielräume im Sinne des Flüchtlingsschutzes nutzen muss.

Die Demokratischen Jurist*innen Schweiz fordern den Bundesrat daher auf, auf Verordnungsebene:

  • einen verbindlichen Kriterienkatalog für Selbsteintritte zu verankern und insbesondere Überstellungen von unbegleiteten Minderjährigen auszuschliessen;
  • die Kriterien für die Verlängerung der Überstellungsfristen klar zu definieren, die Verlängerungen restriktiv zu handhaben und insbesondere in Krankheitsfällen auszuschliessen;
  • die Asylsuchenden nachweisbar und umfassend über die Kriterien zur Verlängerung der Überstellungsfrist zu informieren;
  • vor der Überstellungsfristverlängerung das rechtliche Gehör zu gewähren;
  • die Dauer der Überstellungsfristverlängerung von einer Verhältnismässigkeitsprüfung abhängig zu machen und im Regelfall von einer Verlängerung um drei Monate ab Wiederauftauchen auszugehen;
  • den Rechtsvertretungen einen praktikablen Zugang zu den Tonaufnahmen der Dublin-Befragungen zu gewährleisten;
  • Familienzusammenführungen umfassend und grundrechtskonform zu regeln;
  • das Kindeswohl bei Vertrauenspersonen auf Verordnungsebene explizit zu verankern.

3 Verordnungsanpassungen zur Umsetzung der Eurodac-Verordnung

Die revidierte Eurodac-Verordnung stellt eine Weiterentwicklung des Dublin-/Eurodac-Besitzstandes dar und muss von der Schweiz grundsätzlich übernommen werden. Primärer Zweck der Datenbank ist weiterhin die Bestimmung des zuständigen Dublin-Staates. Neu soll sie jedoch auch dazu dienen, die irreguläre Einwanderung in die EU stärker zu kontrollieren und Weiterreisen innerhalb der EU zu unterbinden.

Die Reform der Eurodac-Datenbank geht zu diesem Zweck mit einer sehr starken Ausweitung der Datenerhebung und -speicherung einher. Zukünftig werden nicht nur Asylsuchende, sondern auch Personen ohne gültigen Aufenthaltstitel, abgelehnte Asylsuchende, Personen mit einem temporären Schutzstatus, Resettlement-Fälle sowie Menschen, die aus Seenot gerettet wurden, in Eurodac erfasst. Das Mindestalter für die Erfassung wird von 14 auf sechs Jahre abgesenkt, zudem werden erstmals zahlreiche persönliche Daten für bis zu zehn Jahre gespeichert. Zusätzlich zu den Fingerabdrücken werden künftig auch Gesichtsbilder erfasst.

Diese Neuerungen stellen einen gravierenden Eingriff in die Grundrechte und insbesondere auch in die Kinderrechte dar. Sie bedrohen das Recht auf Datenschutz und Privatsphäre (Art. 8 EMRK, Art. 13 BV) und können zu einer Stigmatisierung von Schutzsuchenden als Sicherheitsrisiko führen. Die geplante Interoperabilität mit weiteren EU-Datenbanken (SIS, VIS, EES, ETIAS) verstärkt diesen Effekt und unterminiert den Grundsatz, dass Schutzsuchende primär als Rechtsträger und nicht als Gefahrenquelle betrachtet werden sollten.

Zahlreiche Umsetzungsfragen der Eurodac-Reform, insbesondere bezüglich des Zugangs für Strafverfolgungsbehörden zu den in Eurodac gespeicherten Daten, sind aktuell noch offen und werden vom Bundesrat erst in einer zweiten Phase im Jahr 2026 mit Hilfe einer neuen bundesrätlichen Eurodac-Verordnung geklärt. Bezüglich der aktuellen Verordnungsanpassungen nehmen die Demokratischen Jurist*innen Schweiz zu folgenden Aspekten Stellung:

  • Biometrische Erfassung von unbegleiteten minderjährigen Kindern;
  • Biometrische Abgleiche und Verifizierung durch Fingerabdruck- und Gesichtsbild-Expert*innen;
  • Datenübermittlung an Drittstaaten;
  • Rechte der Betroffenen auf Auskunft, Berichtigung, Ergänzung und Löschung ihrer Daten.

Die Demokratischen Jurist*innen Schweiz weisen darauf hin, dass der Ausbau von Erhebung, Speicherung, Abgleich und Interoperabilität tief in diverse Grundrechte eingreift (informationelle Selbstbestimmung, Privatsphäre, Kinderrechte, Recht auf ein faires Verfahren) und daher enge Schutzvorkehrungen in der schweizerischen Umsetzung erfordert.

3.1 Biometrische Erfassung von unbegleiteten minderjährigen Kindern

Die Eurodac-Verordnung senkt die Altersgrenze für die biometrische Erfassung von Kindern von bisher 14 Jahren neu auf 6 Jahre ab. Die Demokratischen Jurist*innen Schweiz begrüssen, dass der Bundesrat darauf verzichtet hat, auch die biometrische Erfassung von noch jüngeren Kindern zu erlauben und dies in Art. 6 Abs. 1 AsylV 3 explizit festgehalten wird. Darüber hinaus sprechen sie sich jedoch für weitergehende Schutzmechanismen für diese Gruppe besonders verletzlicher Personen aus, die über die in Art. 88a der VZAE genannten Massnahmen hinausgehen.

So sollten nicht nur die rechtlichen und pädagogischen Qualifikationen der Vertrauenspersonen präziser bestimmt werden, sondern auch ihre Rolle bei der Sicherstellung eines niederschwelligen Zugangs zu Berichtigungs- und Löschungsverfahren für Minderjährige erwähnt werden. Ausserdem sollte Minderjährigen für die biometrische Erfassung neben einer Vertrauensperson auch eine unentgeltliche Rechtsvertretung zur Seite gestellt werden.

Daneben sprechen sich die Demokratischen Jurist*innen Schweiz bezüglich Minderjähriger insgesamt für eine möglichst enge Zweckbindung der Datenerfassung, für restriktive Zuweisung von Zugriffsrechten, für eine detaillierte Protokollierung und Benachrichtigung sowie für eine schnellstmögliche Löschung der erfassten Daten nach Wegfall ihres Verwendungszweckes aus.

3.2 Biometrische Abgleiche und Verifizierung

Biometrische Abgleiche (sowohl von Fingerabdrücken als auch von Gesichtsbildern) erhalten im erweiterten Eurodac-System eine zentrale Rolle, da sie neu auch mit Personendaten verknüpft sind. Umso wichtiger ist ein sorgsamer und nach Möglichkeit wenig bis gar nicht automatisierter Umgang mit ihnen. Dadurch, dass in Zukunft auch allein mit Gesichtsbildern in Eurodac gesucht werden kann, steigt die Gefahr von falsch-positiven Treffern signifikant an. Die Demokratischen Jurist*innen Schweiz begrüssen daher, dass Treffermeldungen, die allein auf Gesichtsbilddaten beruhen, in jedem Fall manuell überprüft werden müssen.

Gleichzeitig sollten auch an Abgleiche, die auf Fingerabdrücken beruhen, sehr hohe Qualitätsanforderungen gestellt werden. Da automatisierte biometrische Abgleiche generell nicht die «Identität» zweier Datensätze bestätigen können, sondern immer nur eine auf Wahrscheinlichkeitsrechnung beruhende und von variablen Schwellenwerten abhängige Aussage über den Grad ihrer Ähnlichkeit treffen, empfiehlt das Bündnis, dass weiterhin auch alle auf Fingerabdrücken beruhende Treffer manuell überprüft werden. Sollte dies nicht praktikabel sein, sind die unteren Schwellenwerte (zur Minimierung von falsch-negativen Treffern) möglichst niedrig und die oberen Schwellenwerte (zur Minimierung von falsch-positiven Treffern) möglichst hoch anzusetzen.

Bezüglich der Qualifikation der Biometrie-Expert*innen empfehlen die Demokratischen Jurist*innen Schweiz, einen anerkannten und überprüfbaren Fachausweis vorauszusetzen und das Personal regelmässig zu schulen und zu prüfen. Für den Fall von substanziell bestrittenen Treffern müssen zudem die Beschwerde- und Berichtigungsmöglichkeiten, samt Fristen, Dokumentationspflichten und Rechtsmittelweg, klar geregelt sein.

3.3 Datenübermittlung an Drittstaaten

Die Weitergabe von in Eurodac gespeicherten biometrischen Daten an Drittstaaten, internationale Organisationen und private Stellen ist in der bisher geltenden Verordnung (EU) 603/2013 explizit verboten. Auch die bis vor kurzem geltenden Art. 109l AIG und Art. 102c Abs. 5 AsylG bestimmten, dass eine solche Weitergabe «unter keinen Umständen» erfolgen darf. Diese grund- und datenschutzrechtlichen Schranken werden mit der neuen Eurodac-Verordnung aufgehoben. Neu dürfen unter in Art. 50 Abs. 3 und 5 der neuen Eurodac-Verordnung geregelten Bedingungen zum Zweck der Identifizierung und der Ausstellung von Reisedokumenten in einem Rückführungsverfahren auch in Eurodac gespeicherte biometrische Daten, also Fingerabdruckdaten und Gesichtsbilder, an Drittstaaten, internationale Organisationen und private Stellen weitergeleitet werden.

Diese Neuerung steht in einem direkten Spannungsverhältnis zu den völkerrechtlichen Verpflichtungen der Schweiz, insbesondere zur Flüchtlingskonvention und dem darin verankerten Non-Refoulement-Prinzip (Art. 33 FK). Es besteht eine reale Gefahr, dass durch eine solche Datenweitergabe verfolgungsrelevante Informationen an Herkunftsstaaten gelangen, was zu (weiterer) Repression und Verfolgung führen kann. Aktuell verweist die geplante Regelung in Artikel 6d AsylV 3 und Artikel 87e VZAE lediglich auf Art. 50 Eurodac-Verordnung, ohne jedoch den völkerrechtlichen Rahmen, insbesondere das Non-Refoulement-Gebot, explizit zu nennen oder rechtlich verbindlich zu verankern. Daher schlagen die Demokratischen Jurist*innen Schweiz vor, die Bestimmungen präziser zu fassen und einen Vorbehalt zugunsten der Flüchtlingskonvention aufzunehmen.

Über die grundrechtlichen Probleme hinaus gehen mit der Neuerung auch einschneidende datenschutzrechtliche Gefahren einher, die im vorliegenden Verordnungsentwurf nicht adäquat adressiert werden. Zum einen fällt durch die Eurodac-Revision die bisher nötige Stellungnahme zur Datenschutzsituation in den betroffenen Drittstaaten weg. Ebenso ist keine Verhältnismässigkeitsprüfung mehr vorgesehen. Beides sollte aus Sicht der Demokratischen Jurist*innen Schweiz in den revidierten Art. 6a bis 6d AsylV 3 ergänzt und dabei insbesondere festgehalten werden, dass die Schweiz auf eine Übermittlung von Daten an Drittstaaten absieht, wenn diese nicht ein der Schweiz vergleichbares Datenschutzniveau einhalten.

Darüber hinaus sollten die betroffenen Personen nicht nur allgemein informiert werden, dass ihre personenbezogenen Daten an Drittstaaten, internationale Organisationen und private Stellen weitergegeben werden können. Stattdessen sollten sie zusätzlich konkret informiert werden, wenn dies akut geplant ist. Dazu sollte ihnen zudem eine anfechtbare Begründung für diese geplante Übermittlung ausgestellt werden und sie über die ihnen zur Verfügung stehenden Rechtsmittel informiert werden.

Zu guter Letzt würden es die Demokratischen Jurist*innen Schweiz begrüssen, wenn in den Artikeln der AsylV 3 zur Bekanntgabe von Personendaten an einen Nicht-Dublin-Staat auch eine Aufsicht des Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) festgehalten würde, ähnlich wie sie in Art. 11d E-AsylV 3 bezüglich der Bearbeitung von Daten in Eurodac enthalten ist.

3.4 Rechte der Betroffenen auf Auskunft, Berichtigung, Ergänzung, Löschung

Bezüglich der Rechte der von einer Datenerfassung, -bearbeitung und -weitergabe in Eurodac betroffenen Personen auf Auskunft über ihre Daten sowie auf Berichtigung, Ergänzung und Löschung verweist der Entwurf der AsylV 3 in Art. 11b und 11c auf das Datenschutzgesetz vom 25. September 2020 sowie auf die Bestimmungen in Art. 43 der Eurodac-Verordnung. Dadurch bleibt jedoch die Frage offen, ob das Recht auf Auskunft sowie auf Berichtigung, Ergänzung und Löschung von Daten auch effektiv ausgeübt werden kann, insbesondere von Minderjährigen. Dabei muss berücksichtigt werden, dass die Anspruchsberechtigten nicht aus der Schweiz stammen und das hiesige Rechtssystem oft nicht kennen. Unklar bleibt zudem, ob die Betroffenen auch informiert werden, wenn und wo es bei den automatisierten Abfragen der Datenbank Treffer gegeben hat, die ihre Person betreffen, dass also auf ihre Daten zugegriffen und/oder sie bearbeitet wurden.

Insbesondere sollten sie zudem über die Weitergabe von Daten, u.a. an Drittstaaten, internationale Organisationen oder Private (siehe Abschnitt 3.3.), informiert werden und dabei Informationen über alle Datenempfänger und Verwendungszwecke erhalten. Diese Informationen müssen in einer für Laien nachvollziehbaren Art und Weise bereitgestellt werden und in einer Sprache, die die betroffenen Personen verstehen. Auch sollte ein Verfahren etabliert werden, dass es Personen, die den Schengenraum verlassen haben, erlaubt, weiterhin den effektiven Zugang zu und die Berichtigung von Daten zu verlangen.

Im erläuternden Bericht wird zudem erwähnt, dass bei Eurodac-Erfassungen vorhandene Informationen aus dem ZEMIS oder eRetour beigezogen werden. Auch diesbezüglich raten die Demokratischen Jurist*innen Schweiz zu Daten-Sparsamkeit und empfiehlen, die entsprechenden Prozesse klar zu definieren, jede Zweitverwendung zu protokollieren und zu begründen sowie den Betroffenen eine Prüfung und Widerspruch gegen sachfremde Beizüge zu ermöglichen.

3.5 Zusammenfassung zu den Empfehlungen zur Eurodac-Verordnung

Die Eurodac-Datenbank ist ein zentrales Element des europäischen Migrations- und Asylsystems. Die Demokratischen Jurist*innen Schweiz betonen jedoch die Gefahren, die aus der massiven Ausweitung der Datenbank erwachsen. Um eine grund- und datenschutzrechtliche Umsetzung der Eurodac-Revision in der Schweiz zu gewährleisten, empfehlen die Demokratischen Jurist*innen Schweiz insbesondere, dass:

  • die biometrische Erfassung von Minderjährigen kinder- und datenschutzrechtlich flankiert und auf ein Mindestmass beschränkt wird;
  • biometrische Treffer weitestgehend manuell verifiziert werden und dabei hohe Qualitäts- und Qualifizierungsstandards vorausgesetzt werden;
  • auf eine Weitergabe von Eurodac-Daten an Drittstaaten möglichst verzichtet wird, oder diese einer Verhältnismässigkeitsprüfung unterzogen und nur durchgeführt wird, wenn Drittstaaten ein mit der Schweiz vergleichbares Datenschutzniveau einhalten;
  • der EDÖB nicht nur eine aktive Rolle in der Aufsicht der Datenverarbeitung in Eurodac einnimmt, sondern auch bei der Weitergabe an Drittstaaten;
  • betroffene Personen möglichst transparent, zeitnah und in einer ihnen verständlichen Sprache über sämtliche Schritte der Datenverarbeitung und -weitergabe informiert werden und ihre Rechtsansprüche auch effektiv wahrnehmen können.

4 Verordnungsanpassungen zur Umsetzung der Überprüfungsverordnung

Mit der Überprüfungsverordnung (EU) 2024/1356 führt die EU ein neues, einheitliches Verfahren zur Identitäts- und Sicherheitsüberprüfung an den Aussengrenzen ein, das auch von der Schweiz als Schengen-assoziierter Staat zu übernehmen ist. Ziel ist die rasche Abklärung von Identität, Gesundheits- und Sicherheitsaspekten, bevor über die Zuweisung zu einem Asyl-, Rückkehr- oder anderen Verfahren entschieden wird. Laut erläuterndem Bericht zur Verordnungsanpassung wird die Überprüfungsverordnung in der Schweiz ab Juni 2026 zur Anwendung kommen. Sie wird insbesondere über Änderungen der Verordnung über die Einreise und die Visumerteilung VEV (Art. 68a-68f) und punktuell über Änderungen der AsylV 1 sowie des AIG umgesetzt.

Die Demokratischen Jurist*innen Schweiz betonen, dass die Überprüfungsverordnung tief in die Grundrechte eingreift – insbesondere Freiheitsrechte, Zugang zum Verfahren, Rechtsschutz und Datenschutz – und daher in der Schweiz nur unter klaren Schutzvorkehrungen umgesetzt werden sollte. Da mit der Überprüfungsverordnung auf EU-Ebene ein Instrument geschaffen wurde, das faktisch auf eine kurzzeitige Inhaftierung hinausläuft, weisen die Demokratischen Jurist*innen Schweiz darauf hin, dass nach Art. 5 EMRK jeder Freiheitsentzug notwendig und verhältnismässig sein muss. Wir begrüssen dementsprechend, dass der Bundesrat die vorgesehene Dauer der Überprüfung im Inland von möglichen sieben Tagen auf 72 Stunden verkürzt hat. Dies betrifft jedoch nicht die Überprüfungen an den Grenzen und den Flughäfen. Ausserdem kann auch eine Festhaltung von drei Tagen zu einer hohen Belastung der Betroffenen führen. Die Praxis zeigt, dass selbst kurze Inhaftierungen schwerwiegende psychische Folgen haben können, insbesondere für traumatisierte Personen, Kinder und vulnerable Gruppen. Dass die Überprüfung unter einer «Fiktion der Nicht-Einreise» vorgenommen wird, darf zudem nicht zu einer Entrechtung der Betroffenen führen. Die Grundrechte müssen auch während der Überprüfung gewahrt bleiben.

4.1 Empfehlungen zur Umsetzung der Überprüfungsverordnung

Die Demokratischen Jurist*innen Schweiz empfehlen daher:

  • die Dauer aller Überprüfungsverfahren im Inland, an der Grenze und an den Flughäfen auf höchstens 72 Stunden zu beschränken;
  • eine mögliche Festhaltung nur als ultima ratio einzusetzen und innert 48 Stunden einer richterlichen Überprüfung zu unterziehen;
  • nicht nur minderjährigen Asylsuchenden, sondern allen betroffenen Personen ab Beginn des Überprüfungsverfahrens eine unentgeltliche Rechtsvertretung zur Verfügung zu stellen;
  • einheitliche Standards für die Überprüfung (die von verschiedenen kantonalen und nationalen Behörden durchgeführt werden wird) sowie verbindliche Kriterien für die Vulnerabilitätsprüfung vorzuschreiben, inklusive zu ergreifender Massnahmen, sollte eine Vulnerabilität festgestellt werden;
  • auf die nicht durch übergeordnete Vorgaben gebotene Verschärfung der Meldepflichten in Art. 8 Abs. 2 AsylV 1 zu verzichten, da diese angesichts der abgelegenen Lage vieler Bundesasylzentren nicht realisierbar ist;
  • Informationen stets in einer Sprache zu vermitteln, die die betroffenen Personen verstehen, bei Analphabetismus oder geringer Sprachkompetenz visuelle oder mündliche Erklärungen einzusetzen und für Kinder eine altersgerechte Aufbereitung vorzunehmen;
  • Korrekturen im Überprüfungsformular zuzulassen, ohne dass dadurch Nachteile in einem allfälligen Asylverfahren entstehen, und dies auch, wenn Antragstellende bereits in einem anderen Mitgliedsstaat einer Überprüfung unterzogen wurden;
  • die Überprüfung durch Erlass einer anfechtbaren Verfügung abzuschliessen, um einen effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten;
  • bei der Unterbringung Mindeststandards bezüglich des Zugangs zu medizinischer Versorgung, Hygiene, Ernährung und der Kommunikation mit Angehörigen zu erfüllen;
  • Fachorganisationen und NGOs wirksamen Zugang zu den betroffenen Personen zu gewähren, so wie es die EU-Überprüfungsverordnung 2024/1356 in Art. 8 Abs. 6 vorsieht, und dies in der VEV oder einer anderen Verordnung auch explizit festzuhalten;
  • den in der EU-Verordnung vorgesehenen Überwachungsmechanismus auf Verordnungsebene explizit unabhängig und weisungsfrei auszugestalten und mit Zutrittsrechten und Berichtspflichten auszustatten.

 

 

[1] RICHTLINIE (EU) 2024/1346