Pylos Shipwreck
Geschehnisse
Am frühen Morgen des 14. Juni 2023 kenterte die Adriana, ein stark überladener Fischtrawler, vor der griechischen Küste bei Pylos. Dabei wurden mehr als 600 Menschen in den Tod gerissen. Fünf Tage zuvor war die Adriana von Libyen aus losgefahren. Auf dem Schiff befanden sich mehrheitlich Migrant:innen aus Syrien, Pakistan und Ägypten, darunter auch Kinder.
Menschenrechtsorganisationen befragten 21 Überlebende sowie Angehörige von noch vermissten Personen. Insbesondere wurden auch Vertreter:innen der griechischen Küstenwache, der griechischen Polizei, von Nichtregierungsorganisation sowie der Vereinten Nationen befragt.
Dank der verschiedenen Aussagen konnte festgestellt werden, dass die griechischen Behörden zwischen dem Eingang der ersten Meldung, wonach sich die Adriana in ihrem Such- und Rettungsgebiet befand, und dem Kentern des Bootes fünfzehn Stunden später keine angemessenen Ressourcen für eine Rettung mobilisiert hatten. Dabei waren den Behörden eindeutig bewusst, dass sich die Adriana in einer Notlage befand. Die Überlebenden sagten immer wieder, sie hätten wiederholt um Rettung gebeten, auch bei der Küstenwache selbst.
Das letztendlich durch die Küstenwache entsandte Patrouillenboot war nicht für eine gross angelegte Rettungsaktion ausgerüstet. Es verfügte nur über 43 Rettungswesten, 8 Rettungsringe, 2 aufblasbare Rettungsinseln sowie ein Hilfsschlauchboot. Weitere Mittel wurden nicht mobilisiert, obwohl weitere Schiffe in näheren Häfen zur Verfügung standen.
Die Überlebenden gaben an, dass das Patrouillenboot der Küstenwache ein Seil an der Adriana befestigte und daran zog, wodurch das Boot ins Schwanken geriet und kenterte. Es habe zudem mehrere andere gefährliche Manöver durchgeführt.
Die Rettungsmassnahmen nach dem Kentern wurden viel zu langsam eingeleitet. Somit hat die Küstenwache es versäumt, die Anzahl der geretteten Personen zu maximieren und die Sicherheit der Menschen an Bord zu gewährleisten.
Verfahren
Die laufenden Ermittlungen in Griechenland geben Anlass zur Besorgnis. Die neun angeklagten Überlebenden, die derzeit in Haft sind, werden sich vor einem griechischen Strafgericht verantworten müssen. Ihnen wird Bildung einer kriminellen Vereinigung, Beihilfe zur illegalen Einreise und Verursachung eines Schiffbruchs vorgeworfen. Im September 2023, zusätzlich zum schon laufenden Strafverfahren, haben jedoch vierzig der Überlebenden beim selben Gericht Klage gegen die griechischen Behörden eingereicht. Auch das Marinegericht hat schon im Juni 2023 eine Untersuchung über die mögliche Verantwortung der Küstenwache eingeleitet.
Seither wurden schwerwiegende Verfahrensmängel festgestellt, welche sich gravierend auf die beiden letzteren Untersuchungen auswirken könnten. So wurden zum Beispiel Mobiltelefone von Überlebenden beschlagnahmt, welche wichtige Beweise zu den Geschehnissen enthalten.
Im Januar 2024 schlossen die griechischen Behörden die Ermittlungen ab und lehnten die weiteren Beweisanträge der Rechtsverteidigung ab. Die Überlebenden sowie die neun angeklagten Personen warten nun auf einen Termin für den Beginn des Gerichtsprozesses.
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